Wien - Die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) hat die jüngste Entscheidung der US-Richterin Shirley Wohl Kram, deutsche Zwangsarbeiterklagen nicht abzuweisen, am Donnerstag zum Anlass genommen, eine Änderung der Vorgangsweise bezüglich im Entschädigungspaket enthaltenen Ausweitung von Sozialleistungen anzuregen. Diese Sozialleistungen sollten abgekoppelt vom übrigen Entschädigungsfonds umgesetzt werden, damit es im Interesse der betagten Opfer zu keiner Verzögerung komme, so IKG-Präsident Ariel Muzicant in einer Aussendung. Insgesamt sind im Jänner Sozialmaßnahmen im Wert von 112 Mill. Dollar vereinbart worden. Diese bringen Verbesserungen beim Pflegegeld und der Nachkaufmöglichkeit von Pensionsmonaten und sind vom zeitlichen Ablauf her an den "General Settlement Fund" und damit an das Bestehen von Rechtssicherheit gebunden. Diese Konstruktion wurde - auch um die Umsetzung der Vereinbarungen zu beschleunigen - bewusst gewählt. Die IKG "ersucht" nun die Bundesregierung und den Nationalrat "im Geiste dessen, dass die durchschnittlich 85jährigen Shoah-Überlebenden noch in den Genuss der zugesagten Sozialleistungen kommen sollen, einen Weg zu finden, dass diese Sozialleistungen vom restlichen Entschädigungsfonds abgekoppelt werden und die notwendigen Schritte zur Implementierung sofort gesetzt werden". Keine Restitution sondern Gleichstellung Aus Sicht der IKG handelt es sich bei den Sozialleistungen nämlich nicht um eine Restitution, sondern um eine "Gleichstellung" der Betroffenen. Denn: Bis zum 11. März 1938 hätten Juden in Österreich Sozialleistungen, Pensionsabgaben und Steuern bezahlt, seien aber nie oder nur selten in den Genuss der ihnen zustehenden Sozialleistungen gekommen: "Die jetzt ausgehandelte Gleichstellung von Shoah-Überlebenden ist daher keine Restitution und bedarf auch keiner Rechtssicherheit", so der IKG-Präsident. Muzicant ist freilich ein erklärter Gegner der am 17. Jänner zwischen Regierungsvertretern aus Österreich und den USA sowie Opfervertretern unterzeichneten Vereinbarung, eine Haltung, die letztlich auch zu einer Verzögerung der Einrichtung des Fonds und damit auch der Gewährung der Sozialleistungen führen könnte. IKG-Generalsekretär Avshalom Hodik dazu am Donnerstag auf Anfrage der APA: "Man sollte diese Auseinandersetzung, die hier geführt wird, nicht auf dem Rücken der Opfer austragen." Ausdrücklich gedankt hat die IKG am Donnerstag übrigens dem Nationalfonds und dessen Generalsekretärin sowie Nationalratspräsident Heinz Fischer (S) für die "beispielhafte, effiziente und rasche Vorgangsweise" bei der Umsetzung der als erster Schritt vereinbarten Auszahlung von insgesamt 150 Millionen Dollar an rund 21.000 Holocaust-Überlebende. "Anders als bei verschiedenen Fonds in der Schweiz und in Deutschland setzt damit Österreich eine weitere Geste, die bei den Opfern Anerkennung findet und laut und deutlich gelobt werden muss", hieß es in einer Aussendung. (APA)