Hamburg - Als Reaktion auf erste Sammelklagen gegen deutsche Unternehmen in den USA hat sich die deutsche Wirtschaft im Februar 1999 zur Hilfe für überlebende Opfer des NS-Regimes bereit erklärt. Der damals ins Leben gerufenen Stiftungsinitiative "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" gehörten zunächst nur zwölf Großunternehmen an, mittlerweile sind es mehr als 5.300. Statt der zugesagten fünf Milliarden Mark (2,56 Mrd. Euro/35,2 Mrd. S) konnte die Stiftung aber erst gut 3,6 Milliarden einsammeln. Pro Mitglied werden mindestens ein Promille des Jahresumsatzes als einmaliger Beitrag erwartet. Wie Ende 1999 vereinbart, hat die deutsche Regierung ihren Anteil von ebenfalls fünf Milliarden bereits aufgebracht. Beide Summen fließen in den Fonds einer Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft", deren Errichtung der Bundestag im Sommer 2000 per Gesetz beschlossen hat. Das Geld soll dann zur Abgeltung aller Ansprüche an ehemalige NS-Zwangsarbeiter sowie an Verfolgte gezahlt werden, die Vermögens- und Gesundheitsschäden erlitten haben. Die Verteilung - pro Kopf maximal 15.000 Mark - sollen gemeinnützige Organisationen an Ort und Stelle übernehmen. Voraussetzung Rechtssicherheit Weil sich deutsche Unternehmen und ihre Töchter noch nicht vor Klagen in den USA wegen Taten unter dem NS-Unrechtsregime sicher fühlen, verzögert sich die Auszahlung der humanitären Hilfe. Bereits bei der Gründung ihrer Stiftung hatte die Wirtschaft erklärt, "unabdingbare Voraussetzung" für die Bereitstellung der Mittel sei eine "umfassende und dauerhafte" Rechtssicherheit. Die über Jahrzehnte kaum behandelte und in den ersten Nachkriegsgesetzen über die Wiedergutmachung nicht geregelte Frage der Entschädigung der NS-Zwangsarbeiter war für Wirtschaft und Politik mit der deutschen Vereinigung brennend geworden. Nachdem Deutschland mit dem Zwei-plus-Vier-Abkommen von 1990 die volle Souveränität zurückgewonnen hatte, änderte sich die Rechtslage. 1996 erklärte das deutsche Bundesverfassungsgericht Klagen von Zwangsarbeitern für grundsätzlich zulässig. Von den über zehn Millionen Menschen, die vorwiegend aus Osteuropa zur Zwangsarbeit verschleppt wurden, leben nach Schätzungen heute noch etwa 1,5 Millionen. (APA/dpa)