Unter den zahlreichen schillernden Figuren im neuen israelischen Kabinett ist Avigdor Liebermann - Minister für Infrastruktur - eine der schillerndsten. Und er hat einen interessanten Bezug zu Österreich: Im Herbst 1998, während der Rubel-Krise, setzte die Bank Austria Liebermann als Lobbyist in Moskau ein, um Milliardenverluste aus Devisenspekulationen abzuwenden.

Liebermann wurde 1958 in der Sowjetunion geboren und wanderte 1978 nach Israel aus. Er wurde rasch in der rechten Politikszene aktiv und wurde der Vertraute des späteren Ministerpräsidenten Benjamin "Bibi" Netanyahu, der ihn später zum Kabinettschef machte. "Bibis Rasputin", wie der bullige, bärtige Mann genannt wurde, erkannte rasch die politischen Möglichkeiten, die die Einwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion boten. Er gilt als der eigentliche Architekt des Erfolges von Netanyahu, wurde aber 1997 unter Vorwürfen von Korruption und Machtmissbrauch aus dem Amt gedrängt. Er widmete sich daraufhin der Privatwirtschaft, wobei er engste Kontakte zur neuen russischen Machtelite hielt.

Als im Herbst 1998 der Kurs des russischen Rubel abstürzte, wodurch der Bank Austria ein Verlust von 4,5 Milliarden Schilling aus komplizierten Devisentermingeschäften drohte, engagierte Bank-Austria-Chef Gerhard Randa - auf Anraten seines Rechtsberaters Dr. Ewald Weniger - den einflussreichen Liebermann als Lobbyisten in Moskau.

Tatsächlich erholte sich der Rubel kurz darauf, was für einen Teil der Devisengeschäfte von Vorteil war. Gleichzeitig hatte die Bank Austria aber auch in die Gegenrichtung spekuliert (was an sich zur Risikominimierung üblich ist), und - das war die eigentliche Katastrophe - es bestand die Gefahr, dass die russischen Behörden diese Geschäfte mit russischen Banken für nichtig erklären.

Ob Liebermann so viel Einfluss hatte, um den Rubel-Kurs kurzfristig hochzutreiben, ist fraglich. Schon wahrscheinlicher scheint es, dass er mit seinen Kontakten die Nichtigkeitserklärung verhinderte.

Jedenfalls begrenzte sich der Verlust der Bank Austria auf rund zwei Milliarden Schilling. Liebermann sagte damals zu Format: "Ich habe einflussreichen Leuten erklärt, dass sie nicht gegen die Interessen westlicher Investoren handeln dürfen." Und Gerhard Randa sagte: "Wir werden nie erfahren, ob Herr Liebermann den Ausschlag gegeben hat." Eine Prämie bekam er jedenfalls.

Heute sitzt Liebermann als Chef seiner rechtsradikalen Partei "Unser Haus Israel" in der Regierung Sharon/Peres. Der bekannte Kolumnist Tom Segev bei der liberalen Tageszeitung Ha'aretz bezeichnete übrigens seine Politik als "Haiders Handschrift auf israelischer Wand".

(DER STANDARD, Print- Ausgabe, 9. 3. 2001)