Bonn / Wien - Forschungsergebnisse der Universität Bonn legen den Verdacht nahe, dass sich durch Temperaturveränderungen der letzten Jahre scheinbar ausgestorbene oder gänzlich neue Krankheiten in Europa ausbreiten können. Bei anhaltender Erwärmung wird das Auftreten von Malaria in gemäßigten Zonen nicht ausgeschlossen. Das bestätigte auch Heinrich Stemberger, Leiter vom Institut für Tropenmedizin in Wien. Durch lange, schöne, warme Sommer könnten sich Krankheiten aus südlicheren Regionen in gemäßigte Zonen verschieben. Eine globale Temperaturerhöhung würde die Entwicklung der Malariaerreger in der Anopheles-Mücke bis hin zum infektiösen Stadium auch in Deutschland begünstigen, erklärt Walter A. Maier, Projektleiter der Arbeitsgruppe für Medizinische Arachno-Entomologie und Medizinische Zoologie (MAEZo) in Bonn. Allerdings hätte diese Mückengattung auch früher in Deutschland Malariaparasiten übertragen. Dem stimmte auch Stemberger zu. Bis Mitte der 50-er Jahre war Malaria bei uns heimisch, was allerdings auf die damals schlechtere medizinische Betreuung zurückzuführen sei, so Stemberger. Bis jetzt hätte es definitiv keinen autochtonen (vorort entstandenen) Fall in Österreich gegeben. Im vergangenen Jahr erkrankte laut Uni Bonn erstmals in Deutschland ein Kind, das nie das Land verlassen hatte, an der parasitären Erkrankung Leishmaniose. Auch Sandmücken, die potenziellen Überträger der Infektion, sollen in Deutschland nachgewiesen worden sein. Sowohl Erreger als auch Überträger kamen bisher nur im Mittelmeerraum vor. "Bisher handelte es sich in Österreich immer um importierte Krankheiten", so Stemberger. Allerdings gäbe es ganz selten Ausnahmen, wo man keine genaue Erklärungen habe. Er nannte den Fall eines in Österreich geborenen nigerianischen Kindes, das an Eingeweide-Leishmaniose erkrankte. Leishmanien würden sich aber auch tierischer Reservewirte wie Nagetiere und Hunde bedienen. Die Uni Bonn berichtet außerdem von der zunehmenden Ausbreitung bestimmter bakterienübertragender Zeckenarten sowie von Virusinfektionen (West Nil Virus, Tahyna Virus), die von Stechmücken übertragen werden. MAEZo-Projektleiter Maier sieht dringenden Handlungsbedarf an Forschungen, die sich mit dem Einfluss klimatischer und landschaftsverändernder Faktoren auf die Erreger und Überträger auseinandersetzen. Bisher würden Übersichtsstudien fehlen. (pte)