Getrennt und doch gemeinsam - auf diese einfache Formel lässt sich die Zukunft von Lion.cc und der Jet2Web Telekom Austria (TA) bringen. Seit dem Wochenende steht so gut wie fest, dass sich die TA aus Lion.cc, Onlinetochter der Buchhandelskette Libro, zurückzieht. Der genaue Zeitpunkt ist noch offen, mit dem Exit sei innerhalb der nächsten 14 Tage zu rechnen, sagte ein TA-Aufsichtsratsmitglied zum STANDARD. Ein Umlaufbeschluss ist in Vorbereitung. Eine Stellungnahme gab weder die Telekom Austria noch Libro ab. Unsicherheit herrscht in Unternehmenskreisen darüber, was der 6,25-Prozent-Anteil der TA an Lion.cc tatsächlich wert ist. Klar ist aber, dass der Online-Löwe die TA nicht gratis vorzeitig aus seinem Gehege entlässt. Dem Vernehmen nach lässt sich die TA den Exit rund 120 Millionen Schilling (8,72 Mio. Euro) kosten, ein Verbleib im Unternehmen hätte weit höhere Finanzzuschüsse zur Folge. Offiziell bekommt die TA-Online-Tochter Jet2Web Internet (A-Online) als Gegenleistung den direkten Zugriff auf die knapp 80.000 Onlineuser. Da diese aber ohnehin immer über Telekomleitungen gesurft haben - insbesondere jene, die sich über die "free & easy box" einwählen -, dürfte es sich dabei um eine schlichte Abschlagszahlung handeln. Würde die TA den Löwen weiter füttern, könnte er ein Loch von 220 Mio. S in die ohnehin knapp kalkulierte TA-Bilanz reißen, befürchtet ein TA-Kapitalvertreter. Mehr als "kein Kommentar" war Libro-Sprecher und Lion.cc-Marketingvorstand Heinz Lederer dazu nicht zu entlocken. Guter Rat ist teuer Zudem wollen die TA und Lion künftig bei E-Commerce eng kooperieren. "Lion.cc ist ein überaus dynamischer Internetprovider, verbrennt aber viel zu viel Geld bei der Kundengewinnung", bringt es ein Telekommanager auf den Punkt. Die lang ersehnte Chance für den Ausstieg ergab sich nun, weil die Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) bei Lion.cc eingestiegen ist. Außerdem hat Libro den hungrigen Löwen im Jänner aus der eigenen Bilanz abgespalten und führt ihn nur mehr als Beteiligung. Libro-Chef André Rettberg begründete die Abtrennung Mitte Jänner damit, dass die WAZ weit reichende Rechte habe und die Libro-Mehrheit "bald weit unter 50 Prozent" zurückfallen werde. Wie berichtet, investiert die WAZ rund eine Mrd. S in den Löwen. Die Ausgliederung verbessere das Ergebnis bei Libro um 313,8 Millionen Schilling. Wie die engere Kooperation mit der Telekom im Detail aussehen könnte, sei Gegenstand von Verhandlungen, betonte Lederer. Für die Jet2Web Internet und A1 Mobilkom wäre Lion.cc ein idealer Onlinepartner, der eine junge, treue Webcommunity an der Leine hat, meinen Marktbeobachter. Der TA-Gruppe insgesamt wiederum würde das 280 Filialen umfassende Vertriebsnetz von Libro mehr als gut tun. Weit schwieriger gestaltet sich ein Rückzug der TA bei Libro selbst, was Insidern zufolge erklärtes Ziel des gebeutelten Telekomriesen sein soll. Dies liegt vor allem am Syndikatsvertrag, der die Libro-Hauptaktionäre Telekom Austria, die Mittelstandsfinanzierungsgesellschaft UIAG und ihre deutsche Mutter DBAG (zusammen 25 Prozent, Anm.) bis Ende 2002 äußerst eng aneinander bindet. Die TA selbst hat sich 1999, also noch vor dem Libro-Börsegang, mit einer Sperrminorität (25 Prozent plus eine Aktie) an der Buchhandelskette beteiligt und dafür 1,35 Mrd. S bezahlt. (Luise Ungerboecker/Der Standard, Printausgabe)