Warschau - Von diesem Montag an wird die Stiftung "Deutsch-polnische Aussöhnung" Abschlagszahlungen an die ältesten noch lebenden Zwangsarbeiter leisten, die seit Jahrzehnten auf eine Entschädigung aus Deutschland warten. Angesichts der noch immer nicht absehbaren Lösung des letzten in den USA anhängigen Rechtsstreits hat sich die Stiftung zu diesem Schritt entschlossen. Die polnische Stiftung will zunächst etwa 77 000 Menschen, die mehr als 80 Jahre alt sind, einen einmaligen Betrag von 1 400 Zloty (knapp 3000 Schilling) zahlen. Kontroversen Die Abschlagszahlungen sorgen in den Opferverbänden jedoch für erhebliche Kontroversen. Er fühle sich dadurch kompromittiert, sagte Stefan Kozlowski vom Verband der polnischen Häftlinge in den Konzentrationslagern am Samstag in Warschau. Ludwik Krasucki, Vertreter der jüdischen Widerstandskämpfer und Nazi-Opfer, kritisierte das geplante Vorgehen vor Journalisten in scharfer Form. "Das ist ein Skandal", sagte er. "Diese Situation ist fatal für uns, denn sie schwächt unsere Verhandlungsposition." Bei den Entschädigungsgeldern gehe es um eine moralische Rechnung, um "Gerechtigkeit von elementarem Ausmaß", die durchgesetzt werden müsse. "Sentimentale Erwägung" Die Abschlagszahlungen nannte Krasucki eine "sentimentale Erwägung" für die ältesten Opfer, die bei der Durchsetzung der Forderungen an die deutsche Wirtschaft nicht helfe. Auch das Argument, von dem Geld könnten die ältesten und oft kranken Nazi- Opfer unter anderem dringend benötigte Medikamente kaufen, ließ er nicht gelten: "Wir waren schon einmal auf deutsche Kosten bei einem Arzt, und dieser Arzt hieß Mengele." Der polnische Regierungssprecher Krzysztof Luft versicherte unterdessen, dass die polnische Regierung sich unabhängig von den Abschlagszahlungen um die schnellstmögliche Auszahlung der Entschädigungen bemühe. Er verstehe die Verbitterung der Opfer über die Verzögerungen, sagte er der Rundfunknachrichtenagentur IAR. Ministerpräsident Jerzy Buzek hatte bereits am Freitag Bundeskanzler Gerhard Schröder um Intervention gebeten und die deutsche Wirtschaft aufgefordert, ihre Zusagen einzuhalten. Insgesamt leben in Polen noch knapp 500.000 ehemalige Zwangsarbeiter. (APA)