Kiew/Moskau - Unbeeindruckt von den teilweise gewaltsamen Protesten gegen den ukrainischen Präsidenten Leonid Kutschma in Kiew hat dieser am Sonntag einen mehrtägigen Urlaub auf der Halbinsel Krim angetreten. Unmittelbar vor seinem Abflug am Samstagabend erklärte er, dass er die Organisatoren der Protestaktionen "nicht als Opposition" betrachte. Viele der Demonstranten könne er "nicht einmal als Menschen betrachten", sagte er nach Angaben der Agentur Interfax. Die Sicherheitsbehörden würden weiterhin "entschlossen" reagieren. Bei mehreren Protestaktionen am Freitag war es zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Polizei gekommen, in deren Verlauf die Beamten Schlagstöcke und Tränengas einsetzten. Zahlreiche Menschen wurden verletzt. Insgesamt nahm die Polizei 203 Oppositionelle fest, denen nunmehr Strafanzeige wegen grober Störung der öffentlichen Ordnung droht. Bei einer Verurteilung drohen ihnen Haftstrafen von mindestens zwei Jahren. Die Opposition, die den Rücktritt Kutschmas fordert, plant unterdessen weitere Demonstrationen. Ein genauer Zeitpunkt wurde nach Angaben von Interfax vorerst nicht genannt. Die Opposition bringt Kutschma mit dem Mord an einem kritischen Journalisten in Verbindung. Der zunehmend unter russischem Einfluss stehende Kutschma gefährde zudem die Unabhängigkeit der Ukraine, sagten Kutschma-Gegner in Kiew. In einem Interview des Nachrichtenmagazins "FOCUS" sah Kutschma keinen Grund für einen eventuellen Rücktritt. Er sei von 16 Millionen gewählt worden. "Was soll ich denen sagen - dass mich 3000 Menschen zum Rücktritt gezwungen haben?", fragte Kutschma. Gleichzeitig bestritt er jede Verbindung mit dem Mord an dem Journalisten Georgi Gongadse. Notstand wegen heftiger Überschwemmungen Kutschma hat wegen schwerer Überschwemmungen im Westen des Landes am Samstag den Notstand ausgerufen. Nach einer Meldung der Nachrichtenagentur Interfax vom Samstag sind in der Region der Karpaten inzwischen mindestens 216 Dörfer überflutet, 21.000 Häuser und 22 Brücken beschädigt. Zehntausende Menschen mussten aus dem Gebiet evakuiert werden, nachdem die Dämme des Flusses Theiss nach heftigen Regenfällen gebrochen waren. Kutschma war am Freitag begleitet von einem starken Polizeiaufgebot in die Katastrophenregion gereist. Von den Überflutungen sind auch die angrenzenden Gebiete in Rumänien und Ungarn betroffen.(APA/dpa)