Grüne
Industrie empört über Ökosteuer-Pläne der Grünen
SPD-Politiker Müller kontert: Ökosteuer schafft 75.000 und sichert 150.000 Arbeitsplätze
Berlin - Führende Wirtschaftsvertreter sowie die CDU-Vorsitzende Angela Merkel haben am Wochenende die Forderungen
der deutschen Grünen nach einer Fortsetzung der Ökosteuer über 2003 hinaus heftig kritisiert. Der Präsident der Bundesvereinigung der
Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Dieter Hundt, sagte der "Welt am Sonntag" (WamS): "Die Ökosteuer schadet der internationalen
Konkurrenzfähigkeit der deutschen Wirtschaft, weil sie eine zusätzliche finanzielle Belastung darstellt, die unsere ausländischen
Hauptkonkurrenten nicht kennen." Die Verknüpfung des Ökosteuer-Aufkommen mit der Rentenversicherung sei widersinnig, weil der
ökologische und der beschäftigungspolitisch erwünschte Effekt einander entgegenliefen.
Merkel sprach in der WamS von einer "verantwortungslosen Diskussion über weitere Erhöhungen im Bereich der Ökosteuer".
SPD-Fraktionsvize Michael Müller dagegen sieht die Ökosteuer als "Erfolgsmodell mit Zukunft".
Der "Berliner Morgenpost" vom Sonntag sagte Müller, die Ökosteuer habe "mindestens 75.000 neue Arbeitsplätze gebracht und bis zu
150.000 Arbeitsplätze gesichert". Zugleich sei der Kraftstoffverbrauch in Deutschland im Jahr 2000 um 4,3 Prozent gesunken. Dies gehe aus
Untersuchungen mehrerer Wirtschaftsforschungsinstitute unter Federführung des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung
(RWI) hervor.
"Die Ökosteuer beginnt also zu greifen", sagte Müller. Zu der Frage, ob die Ökosteuer über das Jahr 2003 hinaus aufgestockt werden sollte,
betonte er: "Wenn sich die Erfolge, die wir heute sehen, fortsetzen, dann werden wir die Chance haben, die Ökosteuer im Sinne einer
modernen Wirtschaftspolitik weiterzuentwickeln - da bin ich ganz sicher."
Zur Ankündigung von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD), eine weitere Stufe der Ökosteuer komme nach 2003 nicht in Frage, sagte
Müller: "Der Bundeskanzler hat nicht gesagt, dass die Ökosteuer abgeschafft werden soll. Er will, dass wir im Jahr 2003 die Zukunft der
Ökosteuer im Lichte der Konjunktur und der Sozialverträglichkeit überprüfen."
Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter, und der Chef der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr
(ÖTV), Frank Bsirske, sprachen sich für eine Beibehaltung der Ökosteuer nach 2003 aus. Es habe keinen Sinn, dass alle von Umweltschutz
redeten, aber "bei jeder Gelegenheit mit einem noch größeren Auto durch die Gegend" führen, betonte Walter in der "Magdeburger
Volksstimme". Er forderte auch die Beseitigung der Ausnahmeregelungen für die Industrie. Bsirske sagte dem Magazin "Focus": "Die
Öko-Steuer sollte dauerhafter Natur sein." Er sehe noch Spielraum für Erhöhungen. "Andere Länder liegen mit der Besteuerung von Energie
deutlich über unserem Niveau", betonte der ÖTV-Chef.
Michael Rogowski, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), sagte gegenpber der WamS, die Grünen-Forderung sei
"höchst schädlich". Auf diese Weise würden Investoren zutiefst verunsichert, da entsprechende Forderungen jede solide Planung
beeinträchtigten. Peter Bareis, Steuerexperte der Universität Stuttgart-Hohenheim, sagte im Deutschlandfunk, inhaltlich halte er die
ökologische Steuerreform für "höchst fragwürdig". "Was uns hier beschert wird, hat wenig mit Ökologie und viel mit Steuereinnahmen für den
Staat zu tun."(APA)