Frankfurt/Berlin - Deutschland ist nach den Worten der Vorsitzenden der Zuwanderungskommission der Bundesregierung, Rita Süssmuth (CDU), spätetens ab 2010 auf die Zuwanderung von Ausländern angewiesen. "Wir brauchen ab zirka 2010, in bestimmten Bereichen auch schon vorher, Zuwanderung", sagte die ehemalige Bundestagspräsidentin der "Frankfurter Rundschau" (Montagausgabe). Sie sei notwendig aufgrund einer Fehlsteuerung in der Ausbildung und "unserer demographischen Entwicklung, die wir mit anderen europäischen Ländern teilen." Die Zuwanderung müsse "unbürokratisch, flexibel und effizient gestaltet werden, ohne Einheimische vom Arbeitsmarkt zu verdrängen". Der saarländische Ministerpräsident und Vorsitzende der CDU-Zuwanderungskommission, Peter Müller, sprach sich unterdessen erneut für eine gesteuerte und begrenzte Zuwanderung aus. Süssmuth sagte, über Zahlen diskutiere die Kommission "sehr behutsam". Klar sei aber: "Wir wollen nicht eine Behörde, die - siehe Green Card - abstrakt festsetzt: 30.000." Akzeptanz für Zuwanderungsförderung könne es nur geben, wenn man "gleichzeitig Perspektiven für die hier Arbeitslosen" aufzeige. Auch bei der Integration setze sie auf "Programme, wo Deutsche und Nichtdeutsche gemeinsam Chancen bekommen", sagte Süssmuth. "Integration darf kein leeres Wort bleiben. Sie kostet Geld." Die Kommunen dürften damit nicht allein gelassen werden - "das wäre unverantwortlich". Süssmuth lehnte den Vorschlag von Unionsfraktionschefs Friedrich Merz ab, Asylbewerbern politische Betätigung in Deutschland zu verbieten. Manche von ihnen hätten sich in ihrer Heimat bei politischer Betätigung der Gefahr ausgesetzt, getötet oder inhaftiert zu werden. Wenn sie in Deutschland lebten, könne man nicht sagen: "Du darfst dich in diesem freien Land nicht politisch betätigen", unterstrich die CDU-Politikerin. Die von Süssmuth geleitete Kommission will bis zur Sommerpause ihre Ergebnisse vorlegen. Die Vorschläge sind für Innenminister Otto Schily (SPD) aber nicht bindend. Müller schrieb in einem Beitrag für die "Berliner Morgenpost" vom Sonntag: "Die Bundesrepublik Deutschland braucht Zuwanderung, denn das Boot ist nicht voll, sondern es wird immer leerer." Viele Bürger seien sich der Konsequenzen, die sich aus der Verschiebung der Altersstruktur und dem Rückgang der Bevölkerung für die Wirtschaft und Sozialsysteme ergäben, noch gar nicht bewusst. Klar sei aber auch, dass die Aufnahmefähigkeit der Bundesrepublik "nicht unbegrenzt" sei. Notwendig sei ein "Gesamtkonzept", das sowohl ökonomische Zuwanderung als auch Bürgerkriegsflüchtlinge, Aussiedler und Asylbewerber umfasse. Die CDU wird nach Angaben Müllers spätestens im Mai ihre Vorstellungen für ein Einwanderungsgesetz vorlegen. Ob jedoch noch vor der Bundestagswahl eine Einigung mit der Koalition erzielt werden könne, sei "mehr als fraglich". (APA)