Wien - Das Fernsehen war schon länger nicht mehr da. Ist doch am Schöpfwerk in Wien-Meidling schon eine Zeit lang kein Mord und kein sonstiger grausiger Kriminalfall passiert, der eine willkommene Gelegenheit geboten hätte, den Riesengemeindebau wieder einmal als soziales Desaster mit hoher Arbeitslosigkeit und so weiter darzustellen. So ist nur das Bewohnerradio dabei, wenn Bezirkspolitiker um die Stimmen der 5000 Schöpfwerk-Bewohner buhlen. Wie in fast jedem Gemeindebau ist es auch hier vor allem ein Rennen um den so genannten kleinen Mann - ein Match zwischen der SPÖ und der FPÖ, in dem den anderen wahlwerbenden Parteien nur Statistenrollen zukommen. Alexander Pawkowicz hat es dabei nicht leicht. Der FPÖ-Bezirksrat kann zwar die SPÖ attackieren, ihr vorwerfen, was alles im Schöpfwerk zu lange dauert und dass die Betriebskosten zu hoch sind - die Bewohner lassen ihm die pure Oppositionsrolle aber nicht mehr durchgehen. "Sie sollen einmal versuchen, von dem zu leben, mit dem wir leben", redet sich Herr Erich über Sparpaket und Nulldefizit in Rage. "Jeder kriegt weniger wegen der - wie heißt das? - wegen der sozialen Treffsicherheit. Wenn ich bei der Partei bin, stell' ich mich ins Winkerl und fange mich zu genieren an." Ambulanzgebühr, Unfallrentensteuer, Arbeitslosengeld gekürzt, Pensionsreform, teurere Mautvignette und so weiter - Friedrich Bauer will das gar nicht alles aufzählen. "Jeden Tag eine neue Grausamkeit", fasst er das Sparpaket zusammen und freut sich erstmals auf eine "Denkzettelwahl", weil sie nicht die SPÖ betreffen könnte. Lange Sanierung durch Mitsprache Und Bauer will schon noch schnell zur Sanierung etwas sagen: Die dauere, bitte, deshalb so lange, weil die Mieter eingebunden sind. Und damit ist er gleich dreifach involviert: als Mieter, als SP-Bezirksrat und als Mitglied der Mietervereinigung. Trotzdem gehe das alles zu langsam, findet Herr Friedrich. Viel mehr ärgert den Hausmeister allerdings etwas anderes: "Die Bundesregierung hat die Hausbesorger abgeschafft!" Das findet auch FPÖ-Politiker Alexander Pawkowicz nicht gut: "Ich bin nicht sehr glücklich über das, was geschehen ist. Aber das Gesetz ist sehr schnell entstanden . . ." Diese Erklärung lässt Herr Erich aber nicht gelten: "So ein Pfusch, kein Arbeiter kann sich das leisten. Heutzutage kriegt man leichter an Ministerposten als an Gesellenbrief!" Diesen sicheren Punkt lässt sich SPÖ-Mann Bauer nicht entgehen: "Also ich kann mir ein Schöpfwerk ohne Hausbesorger nicht vorstellen." (DER STANDARD Print-Ausgabe, 12. 3. 2001)