Die neuen Leiter des Wiener Schauspielhauses heißen Airan Berg und Barrie Kosky. Das gab Wiens Kulturstadtrat Peter Marboe Montag Vormittag, bei einem kurzfristig anberaumten Pressegespräch in seinem Büro bekannt. Die Entscheidung für die beiden Regisseure bedeute eine Kombination der "langjährigen ausgezeichneten Wiener Theaterarbeit" Bergs mit der internationalen Erfahrung Koskys, so Marboe. Kosky und Berg würden "experimentelles Neuland" beschreiten. Kosky und Berg, die erst gestern um 23 Uhr über die Entscheidung informiert wurden, wollen für künstlerische Entscheidungen gemeinsam verantwortlich und auch beide künstlerisch tätig sein, auf ihren Wunsch soll es zusätzlich eine eigene kaufmännische Leitung geben. Die beiden sind für drei Jahre mit der Möglichkeit einer einmaligen Verlängerung bestellt, eröffnen wollen sie das Schauspielhaus schon im Herbst. Details über ihr laut Berg "komplexes und ambitioniertes" Konzept mit dem Titel "Einladung zu einem Dialog" wollen die beiden erst im Juni bekannt geben. Es sieht aber jedenfalls internationale Koproduktionen vor, ein Artist in Residence- und Writer in Residence-Programm und kein reines Gastspieltheater. Das Schauspielhaus solle eine Schnittstelle zwischen etabliertem und alternativem Theater, zwischen der heimischen und der internationalen Szene und zwischen verschiedenen Kunstformen, wie etwa auch Architektur und Neuen Medien sein, so Berg. Im Zentrum stehe die Auseinandersetzung mit der Frage "Was ist Sprechtheater heute?". Vorgeschichte Auf eine in österreichischen, deutschen und Schweizer Medien inserierte Ausschreibung hatten sich 77 Bewerber gemeldet. Ein Expertengremium, das sich zuletzt in einer Reihe von Hearings Konzepte persönlich erläutern ließ, hatte Marboe und das Kulturamt bei der Entscheidung unterstützt. In acht Hearings wurde zunächst eine engere Auswahl aus neun Kandidaten getroffen und schließlich Marboe ein gleichberechtigter Dreiervorschlag vorgelegt. Die beiden anderen Bewerber waren der deutsche Regisseur Nicolas Stemann und die Regisseurin Claudia Bosse. Das Wiener Schauspielhaus wurde 1977 von Hans Gratzer gegründet und sorgte mit eigenwilligen Klassiker-Adaptionen, Musicals und zeitgenössischen Stücken für große Erfolge. Nach einem Intermezzo zwischen 1986 und 1991, in dem George Tabori die Bühne betrieb, kehrte Gratzer für eine zweite Direktionszeit zurück. Aufgrund der zuletzt geringen Auslastungszahlen der Bühne setzte Gratzer zuletzt auf ein neues Konzept, das im Haupthaus barocke und moderne Opern vorsah und gleichzeitig die Autorenleiste im "Schaufenster" fortführte. Die Leitung wurde dennoch neu ausgeschrieben. Gratzer selbst durfte an der Entscheidung über seine Nachfolger mitwirken. (APA)