Frauen erkranken häufiger an Depressionen als Männer. Dies ist eine immer wieder wissenschaftlich belegte Tatsache. Die vermuteten Gründe sind zahlreich: Hormonelle Veränderungen, Probleme mit der weiblichen Rolle, gesellschaftliche Benachteiligung. Eine Studie der Psychologinnen Susan Nolen-Hoeksema, Carla Grayson und Judith Larson zeigt, dass ein Wechselspiel zwischen sozialen Bedingungen und Persönlichkeitsmerkmalen für die Häufigkeit weiblicher Depressionen verantwortlich ist. Die Psychologinnen fanden heraus: Frauen erfahren öfter Gefühle von Verzweiflung und Passivität. Auslöser dafür ist das Gefühl, zu wenig Kontrolle über wichtige Lebensbereiche zu haben. Das führt zu chronischer Belastung, auf die Frauen mit passiver Grübelei reagieren. Somit geraten sie in einen krank machenden Teufelskreis: Grübeln erhöht die chronische Belastung, der wachsende Druck verstärkt wiederum das Grübeln. Der Grund für die chronische Überbelastung? Frauen tragen nach wie vor die Hauptlast der Hausarbeit und der Kindererziehung. Sie sind zusätzlich beruflich eingespannt, und sind "Kümmerer" - sie machen sich nicht nur Gedanken um ihr eigenes Leben, sondern auch über die Probleme von anderen. Sie fühlen sich von ihren Männern zu wenig anerkannt. Die Studie (für die 1100 Erwachsene zw. 25 und 75 Jahren befragt wurden) kann jedoch keinen Aufschluss darüber geben, was zuerst da ist: das Grübeln oder die chronische Belastung. Ausweg muss sein: Eine soziale Unterstützung, um wieder mehr Kontrolle über das Leben zu bekommen. Frauen sollen lernen, ihre Probleme aktiv zu lösen, und Grübeln als falsche Strategie erkennen. Die Depressionsforscherin Sally Power von der "University of Massachusetts" vermutet, dass die Art und Weise, wie Menschen mit Stress umgehen, ausschlaggebend für ihre Anfälligkeit für Depression ist. Da Stress nicht automatisch aus Konflikten resultiert, sondern in großem Maße davon abhängt, wie eine Person mit Konflikten umgeht, will Powers nun in einer Studie mit 800 jungen Menschen im Alter zw. 18 und 20 Jahren herausfinden, ob Mädchen und Jungen unterschiedlich auf Stress reagieren. Die Forscherin erklärt: "Wenn wir Konflikte nicht erfolgreich bewältigen, schütten wir mehr Stresshormone aus und werden dadurch anfälliger für Depressionen." (PsycPort, 12.2.2000)