Wien
"Nicht einfach Kugerlscheiben"
Amerikanische Bowlingverhältnisse wird es in Österreich nie geben
Wien - Am Anfang steht der
Spaß. Am Schluss die Freude.
Und dazwischen Heinrich
Dostal. Davon ist jedenfalls
Dostal überzeugt. Schließich
ist Bowling "weit mehr als Kugerlscheiben - aber wenn einer anfängt und nichts trifft,
ist das frustrierend." Und vor
dem Frust will Dostal ansetzen. Als Trainer. Damit Bowling "nicht nur Spaß, sondern
Freude macht".
Während der Woche ist der
47-Jährige Leitstandfahrer bei
der OMV. Ein anspruchs- und
verantwortungsvoller Beruf -
aber nichts, was Dostal erfüllen würde. Darum zieht er sich
nach Feierabend und am Wochenende ein weinrotes Poloshirt und strassglitzernde
Bowlingschuhe an - und fährt
nach Floridsdorf.
Denn dort, im massiven
Gemäuer, das einst eine Dorotheum-Zweigstelle beherbergte, unterrichtet Dostal. Bowling. "Bowlingschule Florido"
steht auf der Rückseite des
weinrotem Leiberls. "Ich will
etwas für den Breitensport
tun", sagt Heinrich Dostal.
Darum ist er auch bereit -
gemeinsam mit seinem Kotrainer Manfred Pürrer -, jeden Samstagvormittag in der
"Bowler’s Bowlinghalle" in
der Pitkagasse nahezu für Gottes Lohn die richtige Hand-
und Fußhaltung, das korrekte
Anlaufen und auch sonst noch
jede Menge Kniffe und Tricks
im Spiel mit der gelochten
Kugel zu unterrichten: Über
die Volkshochschule Floridsdorf gibt es hier US-Kegelkurse für Kinder und Jugendliche,
Frauen und Senioren - und
auch für Rollstuhlfahrer.
"Das Wichtigste", erklärt
Heinrich Dostal, "ist der Anlauf. Auf den viereinhalb Metern zwischen Aufstellung
und Ballabgabe entscheidet
sich alles." Am liebsten würde
er ja mit Video arbeiten, um
Handling, Timing ("das ist das
halbe Spiel") und nicht zuletzt
"das richtige Pendeln" mit der
Kugel zu zeigen. Denn auch
wenn diese schwer ist, sei
Bowling kein Kraftsport:
"Wenn man die Bewegung
richtig ausführt, braucht man
kaum Kraft."
Ein Trainer, weiß Heinrich
Dostal, ist nicht nur Respektsperson, er trägt auch Verantwortung. Und wenn zum Beispiel die Familie Graf (Vater,
Mutter, der zwölfjährige Sohn
Thomas und dessen Freund)
seit ein paar Monaten jeden
Samstagvormittag kommen
und sichtbare Fortschritte
machen, führt Dostal das auch
auf seine eigene Ausbildung
zurück.
Die hat sich der OMV-Mann
schließlich einiges kosten lassen: 1995 besuchte er in Regensburg die "Bowlingakademie" eines in Bowlingkreisen
nicht ganz unbekannten
Herrn Werner Gessner. Danach - "damit ich etwas in der
Hand hab’" - machte er an der
Linzer Bundesanstalt für
Leibeserziehung noch den
"Sportwart": Viel Geld und
mehrere Wochen Urlaub gingen dafür auf. Weil die neun
Prüfungsfächer nicht einfach
"Kegelaufstellen" oder
"Punktezählen" heißen, sondern etwa "Sportmedizin"
oder "Anatomie". "Die Regensburger halten mich auf dem
Laufenden", betont Dostal: Ein
Lehrender bleibt stets ein Lernender. Und einer, der seine
Schüler nicht überfahren sollte: "Jeder hat seinen Stil, da
darf man den Leuten nichts
aufzwingen, sondern muss
optimieren. Ich spiele ja selbst
nicht richtig." (Thomas Rottenberg, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13.3.2001)