Wien - IHS-Chef Bernhard Felderer glaubt nicht daran, dass das faktische Pensionsantrittsalter durch Abschläge tatsächlich erhöht wird und kündigte umfassende Reformvorschläge seines Instituts für eine Veränderung des geltenden Umlageverfahrens an. Ohne ins Detail gehen zu wollen, weil die Vorschläge erst innerhalb einer Kommission präsentiert werden, sagte er, es müsse Ergänzungen über ein Kapitaldeckungsverfahren, höhere Beiträge der Aktiven und niedrigere Pensionen geben. "Alle werden dazu beitragen müssen."

An eine wirkungsvolle Reform des geltenden Systems glaube er nicht. "Alle Erfahrungen zeigen, dass sehr hohe Abschläge in Kauf genommen werden, um einen Teil des Lebens arbeitsfrei gestalten zu können." Auch wenn die Abschläge, die derzeit pro Jahr des vorzeitigen Pensionsantritts bei drei Prozent liegen, auf sechs Prozent angehoben werden, sei keine gravierende Änderung zu erwarten. "Rein rechnerisch ist das Umlageverfahren aber nur zu retten, wenn das Antrittsalter um fünf bis sechs Jahre steigt."

Er erwarte erst in der nächsten Legislaturperiode einen neuen Anlauf in der Pensionsreform, sagte der IHS-Chef weiter. "Dann wird sich auch herausstellen, dass das Antrittsalter kaum steigt. Das war dann der letzte Schritt in diesem System."

"Ich habe ohnehin nie verstanden, dass kinderlose Frauen ein anderes Antrittsalter der gesetzlichen Pension haben als Männer", plädierte Felderer hier für eine Gleichstellung. "Zeiten der Kindererziehung müssen höher bewertet werden und Frauen einen eigenen Anspruch auf Pensionen erwerben."

Eine Gleichstellung der Geschlechter werde aber keine Ersparnis bringen. "Denn derzeit haben viele Frauen nur abgeleitete Ansprüche auf Pensionen und erhalten auch niedrigere Bezüge. Höhere Beitragsleistungen der Frauen werden auch die Pensionen der Frauen steigen lassen. Es handelt sich hier um ein Nullsummenspiel." (ha, D ER S TANDARD , Print-Ausgabe, 13. 3. 2001)