"Keiner von uns sitzt gern beim Chinesen", beginnt der Verteidiger (noch ein wenig irreführend), "und wird dann in eine derartige Tat verwickelt." Stimmt. Auch das Opfer des gescheiterten Raubüberfalls bestätigt: "Ich muss das nicht jeden Tag haben." Noch dazu war es ein besonderer Tag für Herrn Wilhelm - sein Pensionsfest. Die Gruppe im chinesischen Lokal löste sich auf. Der Rentner überreichte der Kellnerin 4000 Schilling und wartete auf das Retourgeld. Da trat ein junger Mann auf ihn zu und klopfte mit einer Eisenstange auf den Tisch. In der anderen Hand hielt er eine Schreckschusspistole. Und er schrie: "Geld her." Herr Wilhelm reagierte sauer: "Geld gibt’s kan’s. Geld hamma kan’s. Gehen S’ arbeiten!" - "Ich arbeit’ eh", konterte der Räuber. (Stimmt. Er ist Lithograf.) "Also her mit den 4000 Schilling!" - "Die hab ich nimma", erwiderte der Pensionist: "Das Geld hat jetzt sie!" (Zeigt auf die Chinesin.) Aber auch die Kellnerin gab nichts her. Es kam noch zu einer kleinen Rangelei, ehe die von einem Gast verständigte Polizei mit Handschellen dazwischenfuhr. Der Räuber heißt Daniel. (Das ist noch kein Milderungsgrund.) "Er ist ein sympathischer junger Mann", wirbt der Verteidiger bei den Geschworenen. Er ist auch im Grunde anständig, aber spielsüchtig. "Ich kann bei keinem Automaten verbei gehen, wenn ich ein Geld einstecken hab", jammert er. Am 7. Dezember begrüßte er einen "Einarmigen Banditen" mit 9000 Schilling und verabschiedete sich mit null. Danach wollte er sich beim Großvater Geld ausleihen. Opa war es immerhin, der ihm das Spielen beigebracht hatte. "Als Kind hat er mich in die Wirtshäuser mitgenommen", erzählt Daniel. "Damit ich ruhig war, hat er mir Geld für den Flipper gegeben." - Diesmal nicht. Im Gegenteil: Opa forderte geliehenes Geld zurück. Da musste Daniel etwas unternehmen. "Ich bereue es zutiefst", beteuert er. Trotzdem: Drei Jahre Haft. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13.3.2001)