Der Verbundkonzern hat sich entschlossen, zusammen mit seinen Partnern aus der Steiermark und Oberösterreich die Anteile am niederösterreichischen Versorger EVN an einen ausländischen Partner zu verkaufen. Eine wirtschaftlich sicher sinnvolle Entscheidung in einem Bereich, der nicht immer von Vernunft geprägt war: Österreichs E-Wirtschaft ist ein Reich, in dem Gartenzwerge eifersüchtig ihre winzigen Schrebergärten bewachen. "Österreichische Lösungen" wurden gefordert und angedroht, wo effiziente, moderne Strukturen nötig gewesen wären und noch immer sind. Warum ein Land fünfzehn und mehr Stromversorger benötigt, wenn Länder wie Frankreich mit einem Unternehmen auskommen, konnte niemand wirtschaftlich erklären. Politisch schon eher. Die Diskussion, die nun um den Deal der Verbundgesellschaft ausgebrochen ist, zeigt, auf welchem Niveau die politische Diskussion hierzulande läuft: Quer durch alle Parteien wird gefordert, dass die EVN-Anteile ja keinem Unternehmen "ausgeliefert" werden, das mit Atomstrom arbeitet. Kein Wort über die versteinerte Struktur der Branche, Schweigen über die Tatsache, dass Energie kein unwesentlicher Standortfaktor ist. Nun sind ja die Bedenken gegen Temelín berechtigt. Aber zum einen hat Strom kein Mascherl, und schon jetzt fließt Atomstrom in großen Mengen durch Österreich. Deswegen wäre es klüger, sich auf das zu konzentrieren, was möglich ist: die an Österreich grenzenden Atomkraftwerke möglichst sicher zu machen, statt auf das Wunder ihrer Abschaltung zu warten. Der deutsche E.ON-Konzern, dem Interesse an EVN und Verbund nachgesagt wird, ist einer der größten Kunden von Temelín. Man darf darauf wetten, dass er mehr Einfluss hat als peinlich-populistische österreichische Politiker. (D ER S TANDARD , Print-Ausgabe, 13. 3. 2001)