David Eastment ist ein Mann mit einem ungewöhnlichen Beruf: Freelance-Lehrer und Berater für internetunterstützten Sprachunterricht. Unter diesem Titel tourt Eastment seit Jahren im Dienste verschiedener Auftraggeber - vor allem des "British Council", des britischen Kulturinstitutes - rund um den Erdball, um Studenten und Lehrer mit den Möglichkeiten vertraut zu machen, die das Internet für den Englischunterricht eröffnet. Ob er nun einen Workshop im indischen Hyderabad abhält, die Staatliche Kommission für Höhere Erziehung in Peking in neue Entwicklungen auf multimedialem Gebiet einweiht oder Lehrer im heimischen Tirol über "Creative Applications of the Word processor" informiert - Eastment ist immer bestrebt, die dem Internet inhärenten Möglichkeiten auszuloten und sie anderen zu vermitteln. Vielen Lehrern, meint er, fehle es noch am routinierten Umgang mit dem Medium, und die Diskussion über seine Auswirkungen auf die Methodologie des Sprachunterrichts und die Pädagogik generell habe eben erst begonnen. Vor allem aber müsse zuerst einmal eine Menge ganz elementarer "Skills" vermittelt werden: "Die Lehrer müssen lernen, in den Formen zu kommunizieren, die im World Wide Web existieren" - also mit E-Mail und Chatprogrammen ebenso zurande zu kommen wie mit den wichtigsten Suchmaschinen - und sie müssen lernen, das Anbot schnell zu evaluieren. Das amorphe Angebot des Webs erfordert vom Lehrer, dass er vorab "Strukturierungsarbeiten" leistet. Eastment hat für die Lehrenden dabei eine Reihe oft ganz elementarer Tipps parat, die von der richtigen Aufstellung des Computerbildschirms bis zum Hinweis auf peinliche Netzfallen reichen: Wer zum Beispiel seine Schüler in die Geheimnisse des amerikanischen Präsidentenwohnsitzes einführen möchte, sollte darauf achten, dass er www.whitehouse.gov und nicht www.whitehouse.com anwählt: Dort verbirgt sich nämlich eine Pornoseite, die für den Unterricht eher ungeeignet sein dürfte. Individuelle Wünsche Eastment, der seine Erfahrungen über die Auswirkungen des Internets auf das "English Language Teaching" (ELT) in einem Buch für das "British Council" niedergehalten hat, sieht das Netz nicht nur als einen immensen Speicherplatz, von dem (englisches) Sprachmaterial abgerufen werden kann, sondern er hebt vor allem die interaktive Komponente des Mediums hervor. "Ich bin überzeugt, dass das Internet dem Lernenden vor allem die Möglichkeit eröffnen wird, sich einen Lehrer nach seinen ganz individuellen Bedürfnissen und Wünschen zu suchen." Es werde künftig ein Leichtes sein, sich nicht mehr mit irgendeinem Englischlehrer zu begnügen, sondern sich im Netz auf die Suche nach einem zu machen, der einen bestimmten Akzent spricht, ein bestimmtes Alter hat usf. Eastment ist ein profunder Kenner vieler Ressourcen, die das Netz für Studenten und Lehrer bereithält. Und er hebt im Gespräch hervor, wie sehr sich die englische Sprache durch das neue Medium schon verändert habe und bereichert worden sei. Das Verb "monetize" - etwa: versuchen, irgendeine Dienstleistung im Web in klingende Münze umzuwandeln (derzeit nicht eben der einfachste aller Jobs) - ist etwa aus den Tiefen des Nets gekommen. Simon Cole, der Direktor des British Council in Wien, glaubt, dass das Internet nicht nur den Sprachunterricht, sondern auch das Konzept "Kulturinstitut" schlechthin verändern wird. Das British Council, das einen Teil seines Budgets mit englischen Sprachkursen erwirtschaftet, ist derzeit mit dem Aufbau einer Webplattform befasst, das solchen Lehrzwecken dienen soll. Cole sieht das mit dem natürlichen Pragmatismus des Briten: Büromieten "sind sehr teuer. In Indien vielleicht weniger, wohl aber in westlichen Hauptstädten." Da könne es sich dann durchaus lohnen, wenn das Angebot des British Council diversifiziert und ein Teil seiner Aktivitäten ins virtuelle Reich des Internets ausgelagert wird. (DER STANDARD; Print-Ausgabe, 13.3.2001)