Graz/Wien - Egon Kapellari wollte am Mittwochvormittag zu Beginn seiner Antrittspressekonferenz seinen Hirtenbrief an die Steirer verlesen. Dass er aus Versehen sein Abschiedsschreiben an die Kärntner erwischte, konnte als Unterstreichung dessen verstanden werden, was der neue Grazer Bischof hinterher festhielt: Er habe es "nicht ersehnt", hierher in die Steiermark zu kommen. Sowohl für ihn als auch für die Kärntner Katholiken handle es sich um ein "Opfer", er komme aber "offenen Sinnes", und er werde "nichts zerstören oder gewalttätig umdrehen", sondern vorerst in die Menschen hineinhören. Aus Kärnten sei er "im Vertrauen darauf" weggegangen, dass die Diözese nach dem Wechsel nicht zum "Kriegsschauplatz" werde. Der scheidende Bischof Johann Weber äußerte vorsichtige Kritik am Bestellungsvorgang: Es wäre "gut gewesen, wenn wir es etwas früher erfahren hätten". Ob Kapellari sein "Wunschnachfolger" sei, wollte Weber allgemein beantworten: "Mein Wunschnachfolger ist ein Bischof, der auf die Menschen zugeht." Der scheidende Bischof fand aber auch selbstkritische Worte: "Alles ist nicht so aufgegangen, wie ich es mir vorgestellt hatte." "Allgemein üblich" Kapellari wollte sich Webers Kritik im Standard-Gespräch nicht anschließen: Seine Bestellung sei genauso abgelaufen wie jene des Innsbrucker Bischofs Alois Koth- gasser oder die des Eisenstädter Oberhirten Paul Iby, nämlich so, wie das in der Kirche "allgemein üblich" sei. Man könne sich immer auch "etwas anderes wünschen", aber das sei "nicht mein Thema". Sein Thema sei, "wie diese Kirche mit mir lebt und wie ich mit dieser Kirche lebe". Auf die Frage, ob nicht gerade Kirchenvertreter klar Stellung beziehen müssten, wenn etwa Jörg Haider mit antisemitischen Wortspielen agiere, erinnerte Kapellari daran, dass er sich wiederholt kritisch zu Haider geäußert habe. Er sei aber "nicht bereit, bei jeder Entgleisung auf Bestellung aufzutreten". Ähnliches gelte für kirchliche Stellungnahmen zu gesellschaftspolitischen Fragen etwa im Zusammenhang mit den neuen Möglichkeiten der Biotechnologie: Er und andere Vertreter der Kirche hätten sich klar zu diesen "Auswüchsen" geäußert. Vor allem wolle er aber darauf hinzuweisen, "dass ich als Bischof ein geistlicher Mensch bin". Auch der Dalai Lama, moniert Kapellari, "wird nicht immer nur zu China befragt, sondern auch zum Buddhismus". Man werde "auf Dauer keine Kraft haben", wenn man nicht "immer wieder den Brunnen des eigentlich Religiösen" befülle. Das sei zwar "eine unspektakuläre Tätigkeit", aber: "Man darf sich nicht immer das Tempo vorschreiben lassen, sonst wird man atemlos." (DER STANDARD Print-Ausgabe, 15. 2. 2001)