Die allerorten geäußerte Freude über die Ernennung des Kärntner Diözesanbischofs Egon Kapellari zum Nachfolger von Johann Weber als Bischof der Nachbardiözese Graz-Seckau ist sicher echt und hat in erster Linie mit dem "Neuen" selbst zu tun: Seine Neigung zu Wissenschaft, Kunst und Literatur, die der Bischof nicht verbirgt, passt gut in das Bild, das sich Graz gern von sich selbst macht. Bei allem Respekt für Egon Kapellari ist freilich die Freude über Personalentscheidungen in der österreichischen Kirche seit eineinhalb Jahrzehnten zunächst immer eine Freude darüber, dass es nicht so schlimm gekommen ist, wie es hätte kommen können: Das "Krenn-Syndrom" ist noch nicht ausgeheilt, es heißt heute "Laun-Syndrom" und gibt Auskunft über die dünne Personaldecke der einst so dominanten katholischen Kirche in Österreich. Dass man als Nachfolger für Johann Weber den amtierenden Bischof der Nachbardiözese berief, ist jene "Loch zu, Loch auf"-Politik, die auch in weltlichen Organisationen zu Recht als Krisensymptom gilt. Die Freude über Kapellaris Ernennung kann schließlich auch nicht die Umstände des Abgangs von Johann Weber kaschieren, die schlichtweg als katastrophal zu bezeichnen sind: Da wurde einer, der sich ernsthaft mit den Anliegen einer zu Recht zornigen Basis auseinander setzen wollte, durch gezielt ausgestreute Gerüchte zermürbt, bis er aufgab, und am Ende erfuhr er auch noch den Namen seines Nachfolgers aus den Medien. Egon Kapellari statt Johann Weber: Hier soll nach den Jahren der Unruhe, des Protestes und der Skandale Stabilität und Frieden signalisiert werden. Es stellt sich freilich die Frage, wie es um eine Kirche bestellt ist, in der Stabilität bereits als Fortschritt gilt. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14.03.2001)