Wenig charmant war, was Zaungäste des Pressefoyers nach dem Ministerrat am Dienstag umgehend errechneten. Jener Weisenrat, der nun den öffentlich-rechtlichen Programmauftrag des ORF präzisieren und "Reinheitsgebote" (Kanzler Wolfgang Schüssel) für Programm wie Werbung definieren soll, sei doch wohl eher ein "Greisenrat", wurde geulkt: Das Durchschnittsalter der vier Herren um Altgeneralintendant Gerd Bacher liege bei stolzen 68 Jahren. Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer hob gleich hervor, dass im neuen ORF-Gesetz auch festzuhalten ist, der Küniglberg müsse "alle Altersgruppen" bedienen. Besonders wichtig ist Schüssel die "Entparteipolitisierung" des ORF, wie sie die Klubchefs Andreas Khol und Peter Westenthaler schon tags zuvor kundtaten: keine Politiker mehr im ORF-Kuratorium, das künftig Stiftungsrat heißt, weil der ORF bis Jahresende in eine solche umgewandelt wird. Soll heißen: "keine Mitarbeiter aus Ministerbüros, von Klubs oder politischen Bildungseinrichtungen". Solche Unvereinbarkeitsbestimmungen gelten bereits für jene neun Kuratoren, die von der Bundesregierung in den ORF-Aufsichtsrat geschickt werden. An ihnen kritisierte zuletzt ORF-General Gerhard Weis, dass sie - obwohl als unabhängig deklariert - stets mit den jeweiligen Regierungsfraktionen stimmten. Sind diese Regierungskuratoren Vorbild für die künftigen unabhängigen Stiftungsräte, die laut Schüssel "Menschen mit Erfahrung, Qualität und Unabhängigkeit" sein sollen? "Wir haben uns bemüht, genau solche Persönlichkeiten auszusuchen", erklärt der Kanzler auf entsprechende STANDARD--Anfrage. Die Räte dieser Stiftung sind zwar künftig wie Aufsichtsräte einer Aktiengesellschaft für ihre Entscheidungen haftbar, am Bestellungsmodus ändert sich jedoch nichts. Weiterhin gibt es 35 Mitglieder: Neun wählt wie bisher die Bundesregierung aus, sechs bestimmen die Nationalratsparteien nach ihrem Stärkeverhältnis, neun küren die Bundesländer, fünf bestimmt der Zentralbetriebsrat, sechs kommen aus dem Publikumsrat, der bisherigen Hörer- und Sehervertretung. Sechs der 37 Publikumsräte sollen wie berichtet künftig direkt von den Gebührenzahlern gewählt, drei davon sicher in den Stiftungsrat entsandt werden. (Harald Fidler)