Geschlechterpolitik
Riess-Passer, Proteste, Kindergeld
Splitter von der Messe "Frau 2001" in Linz
Eineinhalb Stunden zu spät traf Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer bei der Frauenmesse am Samstag in Linz ein. Ein Unfall auf der Autobahn hatte ihren Konvoi gestoppt. Begleitet von Body-Guards machte sie eine kurze Runde durchs design-center in Linz. "Als ob wir gefährlich wären", murren einige Besucherinnen, denen die Body-Guards gar nicht gefallen.
Ob sie es als Frau in Ihrer Rolle schwerer habe als ein Mann, wird Riess-Passer von der Moderatorin Ingrid Turnherr später am Podium befragt. "Ja und nein, schwerer und leichter zu gleich", antwortete die in Leder gekleidete Vizekanzlerin. Wie alle Frauen in politischen Führungs-positionen sei auch sie immer mit Stereotypen konfrontiert."Was bei einem Mann als konsequent angesehen wird, gilt bei einer Frau als hart oder besonders brutal"
Jedes Mal wenn die Vizekanzlerin das Wort ergreift, ist lautes Klatschen und gelles Beifallgeschrei zu hören. "Ich weiss, im Internet wurde aufgerufen, zu stören" zeigt sich Riss-Passer informiert. Es sind vier bis fünf junge Frauen, die ansonsten recht artig im Publikum sitzen. "Kinder, das ist net wahnsinnig lustig", probiert sie die Vizekanzlerin vom Podium aus ruhig zu stellen. "Damit macht's euch nicht sympatisch".
Doch das Klatschen geht weiter. Bis sich eine schlanke Frau von der veranstaltenden Agentur Haslinger Keck direkt neben zwei Störefriede setzt und auf sie einredet. Mit Erfolg. Bald stehen sie auf und ziehen von dannen. "Mein Gott, die haben ja selber so gezittert", kann sich die elegante Agenturdame nach gelungener Tat mütterliche Gefühle nicht verkneifen.
Zum Kindergeld will die Vizekanzlerin eigentich nichts sagen. Nur den Grundgedanken will sie mit einem Satz erklären. Österreich sei in einer Situation, wo Kinder zum Armutsrisiko geworden sind. Das gelte für Alleinerzieherinnen und kinderreiche Familien. Dem soll das Kindergeld abhelfen. "Frauen sollen Wahlmöglichkeiten haben, ohne in die Armutsfalle zu geraten" Das sei die Aufgabe des Staates.
(Dazu eine Information: Alleinerzieherinnen bekommen das Kindergeld nur zweieinhalb Jahre lang, während Paare die Chance haben, es drei Jahre lang zu beziehen, wenn der Partner das letzte halbe Jahr übernimmt. Der bisherige Aufschlag von 2500 S für Alleinerzieherinnen bleibt gleich.)
Für Ursula Haubner, Frauenlandesrätin in OO hat das Kindergeld eine etwas andere Funktion, wie sie in der abendlichen Diskussionsrunde sagte. "Es soll helfen, die Einkommensunterschiede zwischen Mann und Frau zu verringern", meinte Haiders Schwester. Experten hielten es für möglich, den durchschnittlichen Einkommensunterschied um sechs Prozentpunkte zu senken.
(Information: Tastächlich hatte Sozialexperte Prof. Bernd Marin diese sechs Prozent genannt. Allerdings wäre das nur möglich, wenn es in den nächsten zehn Jahren gelingt, dass keine Frau mehr beim beruflichen Einstieg gehaltlich schlechter eingestuft wird als Männer u n d , wenn jeder zweite Mann bis dahin in Karenz geht)
Haubner, Präsidentin der Initiative Freiheitliche Frauen, bekannte sich dazu, das Frauenvolksbegehren unterschrieben zu haben. "Die Forderung nach dem Kindergeld haben wir nun erfüllt", sagte sie stolz. Tatsächlich hatte das Volksbegehren gefordert, die Karenzzeit wieder auf zwei Jahre zu verlängern. "Die Karenzzeit, nicht das Kindergeld", tönte es aus dem Publikum. "Den Frauen ist es schließlich egal, woher das Geld kommt. Meine Tochter ist schwanger und glücklich, dass sie es kriegen wird", kontert eine Frau, ebenfalls aus dem Publikum.
(Zur Information: Karenzgeld ist eine Versicherungsleistung, auf die alle ein R e c h t haben, die gearbeitet und in die Versicherung eingezahlt haben. Das Kindergeld ist dagegen ein G e s c h e n k an alle Familien mit Kleinkindern, egal, wie reich die Familie sonst ist. So wie es jetzt aussieht, verliert die Familie das Kindergeld nur dann, wenn die Mütter oder Väter während der Karenz mehr als 200.000 Schilling brutto pro Jahr dazuverdienen oder die Eltern Ausländer sind, die noch nicht fünf Jahre hier gelebt haben)
"Arme" Frauen waren auf der Linzer Messe "Frau 2001" kaum zu finden. Hier gings hauptsächlich um Business, Politik und Medien. Auf den Ständen waren u.a. Goldhauben wie Grüne, die international Furore machende "Woman-up, die virtuellen Stadt für Frauen" wie die stark verbreitete "Welt der Frau", der dynamische Linzer Fram-Verlag wie das Büro für Frauenfragen anzutreffen.
Die gestressten Mütter rief die junge Motivforscherin Sophie Karmasin in einer Podiumsdiskussion in Erinnerung. An Frauen, die mit zwei Kindern und 11.000 Schilling im Monat zu Hause sitzen, denke hier niemand. Im Zentrum stünde immer nur die Karriere-Frauen oder die Power-Frauen, die sich drei Kinderfrauen leisten könnten. Vor allem die Medien und die Werber sollten endlich aufhören, immer nur solche Vorzeigefrauen zu präsentieren, forderte Karmasin.
Vielleicht lags auch daran, dass die vom Land Oberösterreich und deren Frauenbeauftragte Brigitte Lohnecker initiierte Messe - bis auf die toll besuchten Podiumsdikussionen und die Modeschau der Hetzendorfer Schülerinnen - eher spärlich besucht war. Und nicht nur am lauwarmen Frühlingswetter, das zu anderem verlockte.......