Neu-Delhi - Eine von Internet-Journalisten aufgedeckte Korruptionsaffäre hat die indische Regierung in eine ernste Krise gestürzt. Verteidigungsminister George Fernandes ist am Donnerstag zurückgetreten. Auch die Vorsitzende seiner sozialdemokratischen Samata-Partei, Jaiya Jaitley, legte ihr Amt zurück. Es ist das erste Mal seit ihrem Amtsantritt im März 1998, dass gegen die Regierung von Premierminister Atal Behari Vajpayee Korruptionsvorwürfe erhoben werden. Am Dienstag war bereits der Vorsitzende von Vajpayees Hindupartei Bharatiya Janata Partei, Bangaru Laxman, zurückgetreten. Er war auf einem Video zu sehen, wie er 100.000 Rupien (rund 32.000 Schilling) entgegennahm. Laxman sagte, er habe das für eine Spende gehalten und das Geld dem Schatzmeister seiner Partei übergeben. Fernandes dementiert Vorwürfe Die Nachrichtenwebseite Tehelka.com hatte den Skandal am Dienstag ausgelöst, indem als Waffenhändler getarnte Journalisten Politiker und Beamte mit versteckten Kameras bei der Annahme angeblicher Schmiergelder filmten. Die Übergabe soll in Fernandes' Büro erfolgt sein. Jaitley, die bei der Geldübergabe ebenfalls anwesend war, trat am Donnerstag als Parteipräsidentin zurück. Eisenbahnministerin Mamata Banerjee drohte am Donnerstag mit dem Rückzug ihrer Trinamool Kongress-Partei aus der 24-Parteien-Koalition, falls Fernandes nicht zurücktreten sollte und eine unabhängige Untersuchung eingeleitet werde. Der Rückzug dieser Partei aus der Regierung würde deren Mehrheit im Parlament nicht gefährden, da sie nur über neun der 545 Sitze verfügt. Dennoch trat Fernandes am Donnerstag zurück. Er wies jedoch gleichzeitig alle ihn betreffenden Vorwürfe zurück. Er habe mit der angeblichen Schmiergeldaffäre nichts zu tun, stelle aber sein Amt zur Verfügung, um weiteren Schaden von der Regierung und den Streitkräften abzuwenden, erklärte Fernandes. Vorteile der Internet-Presse Der beteiligte Internet-Journalist Mathew Samuel und seine Familie werden nach Polizeiangaben von vier Wachmännern beschützt, nachdem sie bedroht wurden. Schon im vergangenen Jahr hatte der Nachrichten-Anbieter Maverick geheime Absprachen von Kricket-Spielern ans Tageslicht gebracht. "Die Internetmedien haben sich zu einer Überwachungsinstitution entwickelt", sagte Bhaskara Rao, Chef des indischen Zemtrums für Medienanalysen. Nach Ansicht von Medienanalysten hat die Internet-Presse bei der Aufdeckung von Korruptionsaffären Vorteile vor den traditionellen Medien, die oft ein engeres Verhältnis zur Bürokratie hätten. Sie erinnerten die traditionellen Pressevertretern an das, was sie vergessen hätten, sagte Rao. (APA/AP)