Pünktlich um 6.30 Uhr am Mittwoch beginnt der Einzug der jugoslawischen Armee und der serbischen Polizei aus mehreren Richtungen in den "Sektor C Ost" der Pufferzone entlang der Grenze zu Mazedonien. Es sind lauter Eliteeinheiten. Ihre Stärke wird geheim gehalten.

Die meisten Soldaten gehen zu Fuß und tragen nur leichte Bewaffnung. Nur vereinzelt sind Maschinengewehre größeren Kalibers und Scharfschützen zu sehen. Geländewagen fahren das Terrain ab.

Eine Pioniereinheit ist vorangegangen. Das Gelände muss zuerst von Minen gesäubert werden, durch die allein im vergangenen Monat rund zwanzig Polizisten und serbische Zivilisten das Leben verloren haben.

Der Einmarsch wird von hohen Offizieren der Nato-geführten Friedenstruppe Kfor und einer Mission der EU beobachtet. Anwesend ist auch der jugoslawische Generalstabschef Nebojsa Pavkovic, zur Zeit der Luftangriffe der Nato auf Jugoslawien im Frühling 1999 Kommandant der im Kosovo stationierten Dritten Armee. Das Kommando über die Sicherheitskräfte in der Zone hat aber an ihm vorbei der unkompromittierte General Miroslav Krstic, der direkt dem jugoslawischen Präsidenten Vojislav Kostunica unterstellt ist.

Nach dem Einrücken in die Sicherheitszone zieht die Kolonne durch das etwa zwei Kilometer von der mazedonischen Grenze entfernte albanische Dorf Miratovac. Man stößt auf stillen, doch unverkennbaren Protest der albanischen Bevölkerung. Die Lehrer haben den Unterricht in der Grundschule unterbrochen, mit der Begründung, die albanischen Kinder fielen beim Anblick jugoslawischer Soldaten vor Angst in Ohnmacht. Den Kindern ist die Angst nicht anzusehen.

Nach Miratovac wird das Terrain unzugänglich. Die Landschaft wirkt in der klaren, frischen Morgenluft idyllisch. Soweit der Blick reicht, erstrecken sich frühlingsgrüne Hügel. Ein wunderschönes Wandergebiet - das sich demnächst in ein Schlachtfeld verwandeln könnte.

Die jugoslawischen Sicherheitskräfte, unter ihnen die berühmte 63. Fallschirmjägerbrigade, sollen in Zelten untergebracht werden. Im Gegensatz zu den schwer bewaffneten albanischen Extremisten auf beiden Seiten der Grenze verfügen sie weder über Mörser noch über Granatwerfer und Kanonen. Ihre Stellung ist ebenso verwundbar wie ihre Versorgung. Auf diesen Hinweis reagiert der serbische Vizepremier Nebojsa Covic, Koordinator der Belgrader Führung für Südserbien, äußerst nervös. Man wolle ja keinen Krieg provozieren, sagt er und versichert, dass sich die Sicherheitskräfte innerhalb der Zone von albanischen Dörfern fern halten würden. Und demonstrativ optimistisch kündigt Covic den Beginn des Friedensdialogs mit Vertretern der Albaner "in kürzester Zeit" an. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15. 3. 2001)