Wien/Brüssel - Die Europäische Union kritisierte am Mittwoch den wegen der Maul- und Klauenseuche verhängten umfassenden Import- bann der USA als "nicht angemessen". Eine Sprecherin von Verbraucherschutzkommissar David Byrne verwies in Brüssel darauf, dass bei derartigen Seuchenausbrüchen Einfuhrverbote normalerweise auf betroffene Regionen eingegrenzt würden.

"Wir erwarten von den Drittländern angemessene Maßnahmen", sagte sie, räumte aber ein, dass es "Anlass zur Besorgnis gebe". Wie berichtet, haben die USA und Kanada nach dem Ausbruch der Maul- und Klauenseuche auf dem europäischen Festland ein Einfuhrverbot für lebende Tiere, Fleisch und die meisten Milchprodukte aus der gesamten EU verhängt. Betroffen von der Seuche waren bis Mittwochabend aber nur Großbritannien und Frankreich. Ein Verdachtsfall in Italien blieb unbestätigt.

Stündlich Verbote

Nichtsdestotrotz trudelten in Brüssel beinahe stündlich neue Importstopps aus dem Rest der Welt ein. Auch Norwegen, wo Bauern die Grenze zu Schweden blockierten, schloss sich dem EU-Fleischverbot an. Ungarn, die Slowakei, Marokko und Tunesien verboten sogar die Einfuhr von Getreide aus der EU. Was nach Ansicht der EU überhaupt "völlig unverständlich" sei. Die EU ihrerseits hat ein befristetes Einfuhrverbot von Fleisch aus Argentinien, wo die Tierseuche ebenfalls wütet, verhängt.

Österreichs Gesundheitsminister Herbert Haupt (F) warnte zum wiederholten Mal vor Megastaus im Osterreiseverkehr (Mitte April; Anm.) durch die Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche. "Wenn es bis dahin keine Entwarnung gibt, dann müssen wir mit dem Schlimmsten rechnen, dagegen sind die üblichen Osterstaus ein Lercherl", sagte Haupt. Niederösterreichs Agrarlandesrat Josef Plank (VP) forderte, dass die vorbeugenden Maßnahmen kompromisslos umzusetzen seien. Das gelte nicht nur für die Landwirtschaft, sondern auch für den Reiseverkehr.

Da sich die Seuche ungeheuer rasch ausbreiten könne, müssten Maßnahmen gegen Maul- und Klauenseuche entsprechend drastisch seien, erläuterte Professor Norbert Nowotny, Virologe an der Veterinärmedizinischen Universität in Wien. Einer der Übertragungswege sei der mechanische. Seuchenteppiche seien ein probates Mittel zur Bekämpfung. Die dafür verwendeten Mittel (Natronlauge, Formaldehyd oder Peressigsäure und in geschlossenen Räumen Zitronen- oder Essigsäure) inaktivieren laut Nowotny das an Rädern und Schuhen haftende Virus.

Reiseproviant

Alle Reisenden, die aus einem Land kommen, in dem Maul- und Klauenseuche herrscht, müssen auf die von dieser Tierseuche ausgehende Gefahr aufmerksam gemacht werden. Insbesondere ist die Mitnahme von Reiseproviant (Fleisch- und Milchprodukte) und generell Waren tierischen Ursprungs aus solchen Ländern striktest verboten. Haustiere wie Hunde, Katzen und Pferde können an der Seuche nicht erkranken, sie aber mechanisch auf empfängliche Tierarten wie Rinder, Schafe, Ziegen oder Schweine übertragen.

214 britische Fälle

Die britische Regierung lehnte eine Verschiebung geplanter Kommunalwahlen am 3. Mai wegen der Maul- und Klauenseuche vorerst ab. Premierminister Tony Blair wird wahrscheinlich für denselben Tag auch die Unterhauswahlen ausschreiben. Die Zahl der bestätigten Seuchenfälle stieg unterdessen um neun auf 214. Erstmals breitete sich die Epidemie in die Grafschaft Cheshire aus.

Der deutsche Bauernverband forderte die Absage des für Mittwochabend angesagten Fußballspiels in der Campions League, Bayern München gegen Arsenal London. Die englischen Fans seien ein "unverantwortliches Risiko". (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14. 3. 2001)