Kritik am Vorgehen der Regierung in Sachen ORF-Reform kommt von Nationalratspräsident Heinz Fischer (SPÖ). Angesprochen auf den von den Klubobleuten der Koalitionsparteien, Andreas Khol (ÖVP) und Peter Westenthaler (FPÖ), vorgelegten "Fahrplan" zum neuen ORF-Gesetz meinte Fischer, die Regierung habe offenbar bereits eine "Termin-Guillotine" in Stellung gebracht. Fischer regte bei einer Pressekonferenz stattdessen einen "sachlichen Dialog" ohne Zeitdruck und eine "überparteiliche Lösung" an. Ausführliche Verhandlungen Fischer verwies in diesem Zusammenhang auf SP-Kanzler Bruno Kreisky, der sich bei seiner ORF-Reform vier Jahre Zeit für ausführliche Verhandlungen mit allen Fraktionen genommen habe; die 1974 beschlossene Reform sei dann zu 98 Prozent mit der Opposition abgeklärt gewesen. Zwar wünsche er sich keine vierjährigen Verhandlungen, meinte Fischer, "aber es scheinen ja nicht einmal vier Monate zur Verfügung zu stehen (das ORF-Gesetz soll bereits Anfang August in Kraft treten, Anm.). ORF nicht "als politische Waffe" verwenden Generell müsse sichergestellt sein, dass der ORF nicht "als politische Waffe" der jeweils Mächtigen verwendet werde. "Wir wissen alle, dass in einer Demokratie Macht nicht auf ewig verteilt ist", warnte Fischer. Vielmehr gelte es, eine "objektive Struktur für Rundfunk und Fernsehen" zu schaffen, in der sich "alle Teilnehmer am politischen Diskurs fair behandelt fühlen". Kritik an Besetzung mit "Personen, auf deren weltanschauliche Ausrichtung man sich verlassen kann" Besorgt zeigte sich Fischer über einzelne Punkte - etwa die Möglichkeit, dass der geplante Stiftungsrat von der Regierung zwar nicht mit Politikern, aber doch mit "Personen, auf deren weltanschauliche Ausrichtung man sich verlassen kann", besetzt werden könnte. Nicht akzeptabel sei es jedenfalls, wenn die Regierung über einen von ihr "direkt oder indirekt" bestellten Stiftungsrat einen Generalintendanten wähle, der dann auf das Programm des ORF durchgreifen könne. Ob die Neuorganisation des ORF einfachgesetzlich beschlossen werden kann oder für bestimmte Punkte Verfassungsmehrheiten nötig sein werden, wollte Fischer noch nicht beurteilen. Dafür müsse erst der Gesetzesvorschlag vorliegen. Gewisse Grundsätze wie die Unabhängigkeit des ORF seien zwar in der Verfassung verankert, meinte Fischer, schränkte aber ein: "Ich gehe nicht davon aus, dass jemand so verrückt sein wird, diese Leitlinien anzutasten." (APA)