Wien - Im Ringen zwischen dem Verbundkonzern und dem niederösterreichischen Landesversorger EVN um die Neuordnung der heimischen Stromlandschaft zeichnet sich ein Durchbruch ab: Die EVN erklärte sich am Donnerstag bereit, ihre Sperrminorität am Verbund im Austausch für eine Beteiligung an dessen Wasserkrafttochter Austria Hydro Power aufzugeben. Der niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll, dessen Land 51 Prozent der EVN hält, sagte dem _Standard , er habe dem Vorstand den Auftrag gegeben, "einen Weg einzuschlagen, der gewährleistet, dass Niederösterreich mit billigem Wasserkraftstrom versorgt wird." Durch die Abgabe der Verbund-Aktien, die gemeinsam mit den Wiener Stadtwerken und der Tiroler Tiwag gehalten werden, wäre das Patt zwischen den beiden Energiegruppen aufgehoben. Nach diesem konstruktiven Schritt erwarte er jetzt von Wirtschaftsminister Martin Bartenstein, "dass dieser den Beschluss zum Verkauf des EVN-Paketes im Sinne einer österreichischen Lösung revidiert", sagte Pröll. Wie berichtet, wollen der Verbund und seine Partner deren 27 Prozent an der EVN an den deutschen Stromriesen E.ON verkaufen, der weit mehr als den heutigen Börsenkurs dafür zu zahlen bereit ist. Bartenstein begrüßte die Ankündigung Prölls als "Schritt in die richtige Richtung" und lud alle betroffenen Eigentümervertreter zu einem Energiegipfel innerhalb der nächsten Tage ein. Bartenstein hat schon seit Wochen eine Entflechtung der gegenseitigen Beteiligungen von Verbund und EVN gefordert. Auch der Verbund reagierte positiv auf das Signal aus Niederösterreich, ließ aber Zweifel an der Umsetzbarkeit des Vorschlages laut werden. "Das würde ja bedeuten, dass der Verbund sich selbst kauft," sagte ein Sprecher. Wenn Pröll sich die Wasserkraft des Verbundes sichern wollte, könnte er die EVN jederzeit veranlassen, diese vom Ver 3. Spalte bund zu beziehen. Doch die Nachfrage der EVN an Wasserkraft sei zuletzt immer mehr gesunken. Nach dem Vorschlag der Niederösterreicher, der auch Unterstützung aus Tirol erhält, würden EVN, Wiener Stadtwerke und Tiwag ihre Verbundanteile in eine ge 4. Spalte meinsame Gesellschaft einbringen und diese mit der Verbund-Tochter AHP verschmelzen, an der auch die Kärntner Kelag und die steirische Steweag beteiligt ist. Der Verbund könnte dann die eigenen Aktien einziehen, wodurch der Anteil des Bundes am Konzern von derzeit 51 Prozent auf 70 Prozent steigen würde. Geld würde dabei keines fließen, die EVN pocht aber neben der Beteiligung an der AHP, die wohl zwischen 30 und 40 Prozent ausmachen würde, auch auf Strombezugsrechte für Wasserkraft. Laut Pröll wäre durch diese Konstruktion gesichert, dass kein Atomstrom nach Niederösterreich fließt. Diese Behauptung wird von Branchenkennern insofern in Frage gestellt, weil Niederösterreich große Strommengen aus dem Nachbarland Tschechien mit seinen AKW bezieht und die EVN mit fast sieben Prozent an der Schweizer Atel beteiligt ist, die selbst viel Atomstrom produziert. Offen fürs Ausland Auch die Beteiligung ausländischer Energiekonzerne an den österreichischen Gesellschaften wäre durch den Deal nicht behindert. Der Verbund würde weiterhin einen Käufer für sein EVN-Paket suchen und dieses für den gewünschten Preis nur im Ausland finden können. Mit der Aufstockung des Bund-Anteiles am Verbund könnte wiederum ein starker ausländischer Partner hineingenommen werden, ohne dass deshalb das Verfassungsgesetz, dass eine staatliche Mehrheit an Versorgern vorschreibt, mit Zwei-Drittel-Mehrheit aufgehoben werden müsste. (Eric Frey, DER STANDARD, Printausgabe 16.3.2001)