Europa
"Reichsnährstands- Ideologie"-Vergleich Stoibers löst Empörung aus
Bayerns Ministerpräsident kritisierte Grüne Künast mittels Nazi-Terminologie
München/Berlin - Grüne und SPD haben den bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU) wegen seines Vergleichs
der Agrarpolitik von Landwirtschaftsministerin Renate Künast (Grüne) mit der "Reichsnährstandsideologie" der Nazis scharf kritisiert. Der
Grünen-Fraktionschef im Bundestag, Rezzo Schlauch, nannte die Wortwahl am Donnerstag einen "Skandal".
Stoiber versuche, die Ministerin in die Nähe nationalsozialistischer Ideologen zu rücken, sagte Schlauch. Der Ministerpräsident hatte den
Vergleich am Dienstagabend bei einem Gespräch mit Münchner Landtagsjournalisten gezogen, als er die Agrarpolitik von Künast kritisierte.
Stoiber ließ am Donnerstagnachmittag von Regierungssprecher Martin Neumeyer erklären, mit Aufgeregtheiten der wegen umstrittener
Äußerungen von Umweltminister Jürgen Trittin in der Ecke stehenden Grünen könne nicht von der Sache abgelenkt werden. Künast nähre mit
ihren Äußerungen die Illusion einer nationalen autonomen deutschen Agrarpolitik, die es in einem europäischen Binnenmarkt mit offenen
Grenzen und Warenströmen überhaupt nicht mehr gebe. "Ich habe bei dieser Kritik auch von Anfang an klargestellt, dass es im übrigen doch
absurd wäre, Frau Künast irgendwelche Nähe zur NS-Ideologie zu unterstellen", sagte Stoiber der Mitteilung zufolge.
Nach Auffassung des Fraktionschefs der Grünen im Bayerischen Landtag, Sepp Dürr, hat Stoiber sich durch seinen Vergleich "selbst
disqualifiziert". Mit seiner verbalen Entgleisung wolle der CSU-Chef die "Konzeptionslosigkeit seiner Staatsregierung bei einer wirkungsvollen
Neugestaltung der Agrarpolitik durch Kraftmeierei gegen die Bundesregierung überdecken". SPD-Landtags-Fraktionschef Franz Maget sagte
in München, Stoiber versuche mit seiner Wortwahl Künast in die Nähe der Nazi-Ideologie zu rücken. "Für eine Kanzlerkandidatur sind das
denkbar schlechte Voraussetzungen." (APA/dpa)