Bild nicht mehr verfügbar.

Anwalt Robert Swift (ganz re.) ersuchte das Gericht um Abweisung der Klagen gegen deutsche Firmen (Im Bild Kollegen Fagan und Witti)

Foto: Reuters/Herwig Prammer
New York - US-Anwälte, die deutsche Firmen auf Entschädigung von NS-Zwangsarbeitern verklagt haben, haben am Donnerstag ein US-Gericht angerufen und um Abweisung ihrer Klagen ersucht. Der in Philadelphia ansässige Anwalt Robert Swift, der Überlebende des Holocaust vor der New Yorker Bezirksrichterin Shirley Wohl Kram vertritt, übermittelte Reuters eine Kopie seines eingereichten Schriftsatzes. Ziel der Eingabe sei es zu erreichen, dass Deutschland die ehemaligen Zwangsarbeiter mehr als 50 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges rasch entschädigen könne, sagte Swift. Richterin Kram hatte vor neun Tagen die Abweisung einer Klage abgelehnt. Damit war weiter ungewiss, wann die Entschädigung der hochbetagten früheren Zwangsarbeiter beginnen kann. Anwalt Swift schrieb an das Gericht, die Welt schaue auf den Fall. "Wir bitten das Gericht, seine am 7. März geäußerte Auffassung zu überdenken, die Klagen gegen deutsche Banken abzulehnen und Menschen mit guten Absichten die Vereinbarung ausführen zu lassen, die mehr als einer Million Menschen, vielen an ihrem Lebensabend, zugute kommt." Richterin Kram hatte ihre Haltung damit begründet, dass die deutsche Wirtschaft die zugesagte Summe von fünf Milliarden Mark (2,56 Mrd. Euro/35,2 Mrd. S) zum Entschädigungsfonds noch nicht aufgebracht habe. Am Dienstag dann hatte die deutsche Wirtschaft mitgeteilt, ihren Beitrag erreicht und das bis dahin bestehende Defizit von 1,4 Milliarden Mark gedeckt zu haben. Der Bund hat seinen Beitrag von fünf Milliarden Mark bereits eingezahlt. Die Abweisung der Klage in New York und weiterer Klagen in den USA wird wiederum von der deutschen Wirtschaft als Voraussetzung dafür genannt, dass künftig keine weiteren Klagen auf sie zukommen. Diese Rechtssicherheit muss der deutsche Bundestag feststellen, bevor mit Entschädigungszahlungen an die früheren Zwangsarbeiter begonnen werden kann. In Deutschland blieb nach einem Spitzengespräch von Wirtschaftsvertretern und Bundeskanzler Gerhard Schröder unklar, wann für die Entschädigung von NS-Zwangsarbeitern die so genannte Rechtssicherheit erreicht ist und Auszahlungen an Opfer beginnen können. Schröders Beauftragter Otto Graf Lambsdorff und die Experten von Union und Grünen sagten am Donnerstag im Bundestag, die Klärung dieser Frage stehe im Detail noch aus. Lambsdorff sagte, er erwarte nicht mehr, dass die Rechtssicherheit vor der Sommerpause des Bundestags festgestellt werden könne. Er wies die von verschiedenen Parteien geäußerte Kritik am Verhalten der US-Regierung bei den anhängigen Klagen in Amerika zurück, kritisierte allerdings die New Yorker Richterin Kram. Der Chef der Stiftungsinitiative, DaimlerChrysler Finanzvorstand Manfred Gentz, forderte, es müssten "sämtliche relevanten" Klagen abgewiesen werden. Es gebe auch weniger bedeutende Fälle. Darüber sei man sich mit Schröder einig. Gentz' Äußerung war als Abkehr von der früheren Forderung nach Abweisung aller Klagen interpretiert worden. Schröder sagte nach dem Treffen, vor Feststellung der Rechtssicherheit müsse der "gesamte Komplex" der Klagen erledigt sein. Er legte sich aber nicht fest, ob er die Abweisung aller Klagen meint. (APA/Reuters)