San Francisco - Das Ultimatum ist abgelaufen, Napster hat die Vorgaben des Gerichts nicht erfüllt. Wie viele Experten erwartet hatten, schaffte es die Online-Musiktauschbörse nicht, 26.000 urheberrechtlich geschützte Musiktitel in Form von 135.000 MP3-Dateien zeitgerecht von den Tauschaktivitäten auszuschließen. Eine einstweilige Verfügung des Bezirksgerichts von San Francisco hätte vorgesehen, dass Napster binnen 72 Stunden dies zustanden bringen müsse, sobald die Schallplattenindustrie entsprechende Listen an Napster übergibt. Es waren am Freitag zwar merklich weniger Musikdateien auf Napster zu finden, über Umwege war beispielsweise die aktuelle Nummer eins der US-Verkaufscharts - "Butterfly" der kalifornischen Rap-Rock-Band Crazy Town - nur mehr "falsch" geschrieben zu finden, nämlich als "buterfly". Der Onlinedienst Webnoize berichtete indessen, die Nutzerfrequenz auf Napster sei um 60 Prozent zurückgegangen. Neue juristische Front Napster eröffnete am Donnerstagabend eine neue juristische Front: In einer Eingabe an Richterin Marilyn Hall Patel in San Francisco wandte sich das Internetunternehmen gegen die Forderung der Industrie, schon vor der Unterrichtung durch die Plattenfirmen die Urheberrechte angebotener Songs zu klären. Eine weitere Anhörung wurde beantragt. Die Schuld daran, dass die Frist nicht eingehalten werden konnte, schiebt Napster an die Musikindustrie. Viele der genannten Titel hätten keine Registriernummer gehabt.

Die Tauschbörse versucht weiterhin, die Gemeinde zusammenzuhalten und das Abwandern zu anderen Diensten zu verhindern (siehe Artikel rechts). Im Sommer soll aus Napster ja ein Abonnementdienst werden. Dann droht aber der nächste Konflikt, und zwar zwischen der Plattenindustrie und unabhängigen Musikverlegern. Denn es gibt noch kein Abrechnungsmodell für Tantiemen von per Internet vertriebenen Songs, deren Rechte nicht bei Konzernen liegen. (szem; DER STANDARD, Printausgabe 17.3.2001)