Wien - Die Polizei verhört, hört ab, hört sich um und verschafft sich Gehör. In Hernals hört sie auch zu. Dafür sorgen die "Kobs", wie die Kontaktbeamten der Sicherheitswache genannt werden. Der 17. gilt als polizeilicher Vorzeigebezirk in Sachen Bürgernähe. Ein Ruf, der vor allem in der guten Zusammenarbeit mit anderen Institutionen wie Integrationsfonds, Schulen, Ärztepraxen oder Pensionistenheimen begründet sei, sagt Oberkob Hauptmann Thomas Schuh vom Bezirkspolizeikommissariat in der Rötzergasse. Jeden dritten Dienstag im Monat bieten die Kobs gemeinsam mit dem Wiener Integrationsfonds im Nachbarschaftszentrum in der Hernalser Hauptstraße 54 Rat und Hilfe in Behördenfragen - Dank Duska Raica-Fröschl und Aziz Gülüm auch auf Serbisch, Kroatisch, Bosnisch, Türkisch und Arabisch. Kein Wunder also, dass hauptsächlich ausländische Nachbarn das Angebot wahrnehmen. Von insgesamt 51.486 Hernalserinnen und Hernalsern haben 13.652 nicht die österreichische Staatsbürgerschaft. Bei "Bröseln" Bassena-Gespräche "Was machen?", fragt ein Mann. Vor wenigen Tagen sei er wegen Körperverletzung angezeigt worden, jetzt befürchte er den Verlust der erst kürzlich verliehenen österreichischen Staatsbürgerschaft. Ein Cop würde fordern: Name, Alter, Adresse, hier unterschreiben. Ein Kob hingegen verlangt nichts, sein Gegenüber kann auf Wunsch anonym bleiben. Meist geht es um Behördenkram, wie etwa die Umschreibung eines ausländischen Führerscheins. Was aber auch nicht so selten vorkommt: "Brösel" im Gemeindebau. Dann beleben die Kobs das gute alte Bassena-Gespräch. Schuh: "Da kann's schon richtig rund gehen, wenn Nachbarn, die seit 20 Jahren auf derselben Stiege wohnen, überhaupt das erste Mal miteinander reden und sich dabei gleich gegenseitig vorwerfen, der Schandfleck des Grätzels zu sein". Die Kobs sind auch im islamischen Kulturzentrum in der Mariengasse kein unbeschriebenes Blatt. Inspektorin Karin Rathbauer hielt dort im Vorjahr vor verhüllten Vorbeterinnen einen Informationsvortrag. "Das ist eine Bevölkerungsgruppe, die ganz schwer zu erreichen ist", sagt Schuh. Geendet hat die Aktion mit Applaus - was in einer Moschee genauso selten ist wie in einer christlichen Kirche. Bezirksinspektor Günter Schranz ist der Kob-Spezialist für die ältere Bevölkerung. Wenn notwendig, erledigt er sogar kleinere Amtswege für Pensionisten. Ein Besuch im Pensionisten-Wohnhaus in der Alszeile zahlt sich jedenfalls immer aus - die Kobs vom 17. Hieb haben wahrscheinlich Österreichs größte Sammlung von Kochrezepten. (DER STANDARD Print-Ausgabe, 17. 3. 2001)