Argentinien
Argentinien: Präsident will Sparkurs mit Sondervollmachten durchsetzen
De la Rua plant Regierung der nationalen Einheit
Buenos Aires - Mit Sondervollmachten und einer Regierung der "nationalen Einheit" will Argentiniens Präsident Fernando de la
Rua seinen Sparkurs durchsetzen. Am Montag stärkte er gleichzeitig seinem Wirtschaftsminister Ricardo López Murphy den Rücken. Er
unterstütze Lopez Murphys Politik der "Haushaltsdisziplin", sagte de la Rua. Zuvor hatte er den ehemaligen Wirtschaftsminister Domingo
Cavallo für das einflussreiche Amt des Kabinettschefs in einer Regierung der nationalen Einheit gewonnen.
In einer in Radio und Fernsehen ausgestrahlten Rede an die Nation kündigte der Präsident an, dass er mit Sondervollmachten regieren werde.
Die angekündigten Einsparungen in Höhe von umgerechnet knapp 123 Milliarden Schilling in den nächsten drei Jahren hatten die Koalition in
Buenos Aires in eine tiefe Krise gestürzt und zum Rücktritt mehrerer Minister geführt. "Die Regierung bleibt standhaft", sagte de la Rua vor
seiner Abreise nach Chile, wo er zusammen mit Lopez Murphy an einem Treffen der Interamerikanischen Entwicklungsbank teilnehmen
wollte. Die Regierung werde an der "Konvertibilität, der Parität zum US-Dollar und dem Schuldenabbau" festhalten. Die Zusammensetzung
seiner neuen Regierung wolle er nach seiner Rückkehr aus Chile bekanntgeben.
De la Rua konferierte am Sonntag mehrere Stunden lang mit Cavallo, der anschließend seine Bereitschaft erklärte, der Regierung beizutreten.
Er löst Chrystian Colombo ab, der Innenminister wird. Cavallo, Gründer der liberalen Partei Aktion für die Republik, ist der Vater der Parität
zwischen dem argentinischen Peso und dem US-Dollar, die unter dem früheren Präsidenten Carlos Menem 1991 gesetzlich festgelegt wurde.
Der Präsident betonte, eine Regierung der "nationalen Einheit" erlaube "mehr Sicherheit und Vertrauen" für die anstehenden Entscheidungen.
Er rief "alle politischen Kräfte" zur Unterstützung seiner Regierung auf, um das südamerikanische Land aus seiner politischen und
wirtschaftlichen Krise zu führen. Der Präsident widersprach zugleich Berichten über den angeblichen Rücktritt von Lopez Murphy aus
gesundheitlichen Gründen.
Hintergrund der jüngsten Regierungskrise ist ein rigides Sparprogramm der Regierung für die kommenden drei Jahre. Aus Protest gegen die
Sparpläne von Lopez Murphy reichten am Freitag drei Minister und der Generalsekretär des Präsidialamtes ihre Rücktritte ein. Um die mit
dem Internationalen Währungsfonds (IWF) vereinbarte Obergrenze für das Haushaltsdefizit in Höhe von 2,4 Prozent des
Bruttoinlandsproduktes einhalten zu können, sollen nach den Vorschlägen des Wirtschaftsministers in den kommenden beiden Jahren 4,5
Milliarden Dollar (knapp 70 Milliarden Schilling) eingespart werden. Eine weitere Reform im Jahr 2003 sieht weitere Einschnitte von
umgerechnet mehr als 53 Milliarden Schilling vor.
Die Sondervollmachten für de la Rua sehen unter anderem vor, dass der Präsident wichtige Regierungsentscheidungen per Dekret verordnen
kann. So könnte der Präsident nach Artikel 76 der argentinischen Verfassung einen von seinem neuen einflussreichen Kabinettschef
vorgeschlagenen Notstands-Wirtschaftsplan durchsetzen. Der argentinische Verfassungsrechtler Reynaldo Vanossi betont, dass es sich bei
dem Notstandsplan nicht um einen "Staatsstreich" von oben handle. Diese Maßnahmen seien in der Verfassung vorgesehen und die Dauer
ihrer Gültigkeit müsse vom Parlament beschlossen werden. (APA)