Das Internet macht die
Durchsetzung des allgemeinen Glücksspielverbots in Deutschland
immer schwerer. Zwar sind der Wettlust in der Bundesrepublik
enge juristische Grenzen gesetzt, aber das weltweite Datennetz
öffnet eigentlich verbotene Türen zu Casinos und
Wettannahmestellen - und das nach Einschätzung von Experten ganz
legal. Beim virtuellen Zocken lässt sich der feste Glaube an den
Lieblings-Fußballverein schnell in bare Münze verwandeln. Via
Datenautobahn können virtuelle Spielhöllen in Ländern, in denen
Lotterien grundsätzlich erlaubt sind, bequem über den heimischen
Computer betreten werden. Dabei verstoßen die Anbietern nur
selten gegen Gesetze: "Entscheidend ist, wo der Server steht",
sagt Klaus Dittko von der Berliner Finanzverwaltung.
Glücksspiele in Deutschland verboten
Glücksspiele sind in der Bundesrepublik per Gesetz verboten.
Ausnahmen genehmigen die Länder auf Grundlage der
Lotterieverordnung von 1937 nur unter Auflagen. So sollten
Ausspielungen gemeinnützigen Zwecken zu Gute kommen, erläutert
Dittko. Außerdem müsse ein öffentliches Bedürfnis für
Glücksspiele bestehen. Allein in Berlin seien im vergangenen
Jahr etwa 25 Lotteriefilialen geschlossen und die Wetteinnahmen
beschlagnahmt worden, weil die Betreiber keine Genehmigung
hatten, berichtet Dittko.
Österreich und England als Ausweg
Im World Wide Web gestaltet sich die Kontrolle wesentlich
schwieriger: Aus Ländern mit liberaleren Lotterieregelungen wie
Österreich und Großbritannien versuchen Anbieter über das
Internet in Deutschland ganz legal Fuß zu fassen. "Ich plädiere
für eine freie Marktwirtschaft", sagt die Vorstandsvorsitzende
der Alloo Interwetten AG, Yara Wortmann. Ihr Unternehmen ist ein
staatlich konzessioniertes Wettbüro mit Sitz in Salzburg. Der Versuch, ausländischen Lotterieveranstaltern den
Marktzutritt in Deutschland zu verwehren, käme ihrer Ansicht
nach einer Entmündigung der Spieler gleich: "Der Kunde soll sich
einen Wettanbieter aussuchen können und dann entscheiden: Wo ist
die beste Quote?".
Wetten nur mit Spielgeld möglich
Für ihre Buchmacher-Website darf die 31-Jährige in
Deutschland nicht werben, weil die Besucher eigenes Geld setzen
und auch verlieren können. Das ist hier zu Lande ohne staatliche
Genehmigung untersagt. Trotz juristischer Hürden lässt das
ehemalige Topmodel Wortmann aber deutsche Web-Wetter auf ihre
Kosten kommen. Auf ihrem zweiten, wesentlich durch Werbung
finanzierten Wett-Portal dürfen Besucher zwar nur Spielgeld
("Nuggets") setzen. Dennoch gibt es die Chance auf reale
Gewinne.
Der richtig Tipp auf alltägliche Fragen wie "Fällt uns die
Mir auf den Kopf?", "Wer gewinnt die Landtagswahl in
Baden-Württemberg?" oder "Wie schließt der Dax?" lässt zunächst
das Nugget-Konto anschwellen. Die 20 Besten des Monats erhalten
Sachpreise im Gesamtwert von 50.000 bis 100.000 Mark, von denen
einige auch per Los unter den Wettteilnehmern verteilt werden.
Mit Prämien wie Wildwasser-Kompaktkursen oder Bungee-Jumping in
Kärnten liegt die Auswahl ganz auf der Linie einer
risikofreudigen Klientel im Alter von 20 bis 40 Jahren.
Antigua lässt grüßen
Seit 1996 hat der im Karibik-Staat Antigua ansässige
Online-Wettanbieter
Intertops
nach eigenen Angaben 400
Millionen Dollar (rund 840 Millionen Mark) Bargeld
ausgeschüttet. Die in Englisch und Deutsch verfasste Website
ermöglicht neben einer Wette zum Ausgang der Fußball-Partie
Eintracht Frankfurt gegen Schalke 04 auch den Zugang zum
Spielcasino - und das ganz ohne Krawattenzwang. Eine zum
Download bereitstehende Spielbank-Software holt Maschinen wie
"Einarmige Banditen" oder das Roulette-Spielbrett auf den
heimischen Computerbildschirm. Gewinne werden per
Kreditkarten-Gutschrift oder Banküberweisung ausgeschüttet.
Sie
können nach Knacken des Jackpots auch per Scheck angefordert
werden. Bedenken wegen des Glückspielverbots in Deutschland hat
der Internet-Anbieter nicht: "Wir sind vom Staate Antigua und
Barbuda lizenziert, Wetten in Antigua ist völlig legal", sagt
eine Intertops-Sprecherin.
Keine rechtliche Lösung in Sicht
Tatsächlich gibt es sich nach den Worten des Berliner
Internet-Rechtsexperten Fabian Reinholz eine "rechtliche
Grauzone". Sofern kein deutscher Server dazwischengeschaltet
sei, könne man den Betreibern solcher Angebote wenig anhaben.
Auch spiele es nur eine geringe Rolle, wenn mit den Angeboten
deutsche Nutzer angesprochen würden. Das Internet sei in
rechtlichen Fragen immer noch ein Problem: "Hier ist keine
gesetzliche Regelung in Sicht". (Reuters)