Die Debatte um den Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) reißt nicht ab. Während Finanzminister Edlinger und Teile der Wirtschaft seit Monaten eine Reduktion der Dienstgeberbeiträge zum FLAF fordern, stellt nun der Budgetsprecher der SPÖ, Kurt Gartlehner den FLAF überhaupt in Frage.

Zunächst sei kurz an die Entstehungsgeschichte des FLAF erinnert: Die 1948 eingeführte Ernährungsbeihilfe zur Unterstützung von Arbeitnehmerinnen mit Kindern wurde ein Jahr später in die Kinderbeihilfe umbenannt. Zusätzlich wurde ein eigener Fonds zu dessen Finanzierung eingerichtet. Mit dem Verzicht der Arbeitnehmer auf eine generelle Lohnerhöhung wurde der Dienstgeberbeitrag (DGB) begründet, der damals noch ganze sechs Prozent umfasste.

Am 1. Jänner 1955 trat das Bundesgesetz zur "Herbeiführung eines Familienlastenausgleichs" in Kraft und der Bezieherkreis wurde auf alle Bevölkerungsgruppen ausgeweitet. 1967 wurde der Reservefonds geschaffen, der mit Rechtspersönlichkeit ausgestattet war, um die Verwendung der Überschüsse für familienpolitische Zwecke zu sichern. Mit zahlreichen Novellen versehen hat dieses Gesetz bis heute Bestand: Ziel des FLAF ist die Schaffung eines Ausgleichs zwischen denjenigen, die für Kinder sorgen, und jenen, die aktuell noch keine, keine mehr oder niemals Kinder haben.

Solidarität mit Eltern

Motiv für die Schaffung des FLAF war die Solidarität mit jenen, die Kinder "bekleiden, ernähren, unterbringen, erziehen". Warum ist diese Solidarität aktueller denn je?

1.) Ob mit einem Einkommen eine einzige Person das Auslangen finden muss, oder ob ein, zwei oder mehr Kinder erhalten werden müssen, ist ein enormer Unterschied.

2.) Für die "nicht mehr Produktiven" der Marktwirtschaft wurde die Altersversorgung geschaffen, für die "noch-nicht Produktiven" sind in erster Linie die Eltern verantwortlich.

3.) Die gesamte Gesellschaft profitiert von Kindern. Die Lebensverhältnisse sind Kindern gegenüber jedoch rücksichtslos. Frauen mit Kindern spüren das am deutlichsten: geringerer Lohn, weniger Pension, schlechte und weniger Jobs, lückenhafte soziale Sicherheit, Doppelbelastungen, etc. . . . Daher acht Argumente, warum es der falsche Weg für Österreich ist, den Familienfonds zu kappen bzw. abzuschaffen:

1.) Der Bericht des BM f. Arbeit, Gesundheit und Soziales über die soziale Lage ergab, dass Kinder mit acht Prozent zu den am stärksten von Armut betroffenen Bevölkerungsgruppe gehören. Angesichts dessen mutet die Argumentation: "Immer weniger Kinder brauchen immer weniger Geld, und daher brauche es weniger FLAF-Mittel", gerade zu absurd an.

2.) Die Wissenschaft warnt davor, die öffentlichen Ressourcen zuungunsten der Kinder zu reduzieren: Von der zahlenmäßigen Randgruppe zur sozialen Randgruppe ist es nicht mehr weit! Und in der Politik dominiert das älter werdende Wahlvolk. Im Sinne einer Balance im Generationenvertrag ist der FLAF daher unverzichtbar.

3.) Der Geburtenrückgang hat viele Ursachen. U. a. wirkt sich die Reduktion von familienpolitischen Maßnahmen nachhaltig negativ auf den Geburtentrend aus. Entscheidend ist daher die Verlässlichkeit von familienpolitischen Maßnahmen, dass sie bis zum Erwachsenwerden der Kinder erhalten bleiben. Unter diesem Gesichtspunkt muss der Reservefonds des FLAF gesehen werden. Er soll über konjunkturell schlechte Zeiten hinweghelfen.

Pensionenfinanzierung

4.) Der DGB zum FLAF wurde bereits zweimal reduziert: 1978 und 1981. Heute beträgt er viereinhalb Prozent. Die Einnahmenverluste des FLAF belaufen sich seit damals auf weit mehr als 100 Mrd. S. Die Sparpakete im Familienbereich (inkl. Reduktion der Karenz) wären nicht notwendig gewesen! Übrigens: Die Wirtschaft war kein Profiteur der DGB-Senkung, die Mittel wurden zur Pensionenfinanzierung verwendet.

5.) Die Familien erbringen beachtliche Vorleistungen für Gesellschaft und Wirtschaft. In der Familie erworbene soziale Qualifikationen zählen zu wichtigen Wettbewerbsfaktoren. Das familiäre Umfeld bietet Entspannung, Rückhalt und Motivation für die Bewährung im beruflichen Alltag. Auch in diesem Sinne tragen die Familien zur Erhaltung der Wirtschaftskraft bei, der FLAF Beitrag ist daher fair.

6.) Beide Koalitionsparteien sehen zu Recht Bedarf nach weiteren familienpolitischen Reformen (Familienpaket 2000), die Oppositionsparteien noch mehr. Der Bogen spannt sich von der Wiedereinführung der Heimfahrtbeihilfe bis zu Änderungen beim Karenzgeld. Nicht zuletzt muss auch die Familienbeihilfe und das Karenzgeld regelmäßig valorisiert werden. All das ist nur mit den FLAF Ressourcen umsetzbar.

Kein Defizitbringer

7.) Als eigener Fonds konzipiert, braucht es einen parlamentarischen Beschluss, um aus dem FLAF Geldmittel abzuzweigen. Auch wenn es in der Vergangenheit immer wieder zu solchen Beschlüssen kam, ist die Hürde, dies zu tun hoch, wird doch transparent, was die Regierung mit den Familienfondsmitteln plant. Zweifellos ist dies mit ein Grund für das hohe Niveau der Familienleistungen.

8.) Jahrelang wurde bei familienpolitischen Forderungen auf die Schulden des FLAF verwiesen. 1999 wird die letzte Rate der zehn Mrd. S Schulden beglichen sein. Mittlerweile ist der FLAF im Gegensatz zu fast allen Fonds in Österreich strukturell kein Defizitbringer mehr! Es drängt sich daher der Verdacht auf, dass die angespannte Diskussion um die FLAF Überschüsse nur dazu dient, vom notwendigen Reformbedarf in anderen Bereichen abzulenken, bzw. um sich von diesem billig zu entledigen.

Wer will, dass für 1,8 Millionen Kinder Familienbeihilfe bezahlt wird, dass schwangere Frauen Wochengeld erhalten, dass Frauen und Männer in Karenz gehen können, dass werdende Mütter und Kleinkinder kostenlos Zugang zu medizinischen Untersuchungen (Mutter-Kind-Pass) haben, dass die Mutter eines behinderten Kindes pensionsversichert ist, etc. . . ., muss sich für den FLAF stark machen.

Judit Marte leitet die Abteilung für familienpolitische Angelegenheiten im BM f. Unterricht, Jugend und Familie.