Wien - Die Protestmaßnahmen an österreichischen Universitäten gegen das geplante neue Uni-Dienstrecht in Form von Lehraussetzungen hat Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (V) am Samstag in der ORF-Radio-Reihe "Im Journal zu Gast" kritisiert. "Ich verstehe die Aufregung nicht und finde es eine Zumutung gegenüber den Studierenden, wenn die Lehrveranstaltungen, die vorgesehen sind, nicht gehalten werden. Wie kommen die Studenten dazu, jetzt plötzlich nach Ostern ein Blockseminar angeboten zu bekommen", sagte Gehrer. Befürchtete Massenkündigungen Im Zusammenhang mit der von der Uni-Lehrer-Gewerkschaft befürchteten "Massenkündigung" von Assistenten, die derzeit in einem provisorischen Dienstverhältnis stehen, hält die Ministerin die "Aufregung für völlig verfrüht". Wenn diese Assistenten Vertrauensschutz hätten, was Juristen immer wieder feststellen würden, "werden sie auch im alten System bleiben, das sehe ich völlig leidenschaftslos". Es müssten aber auch für neue wissenschaftliche Mitarbeiter neue Chancen eröffnet werden. Sie könne als Politikerin nicht zuschauen, dass junge gut ausgebildete Leute in fünf Jahren womöglich keine Chance mehr auf eine wissenschaftliche Arbeit haben. Neue Pläne Die aktuellen Pläne des Ministeriums für das neue Dienstrecht fasste Gehrer so zusammen: In der ersten Phase sollen sich Ausbildungsassistenten befristet in vier Jahren auf ihre Doktorarbeit vorbereiten. In der zweiten Phase sollen Universitätsassistenten vertraglich bis zu sechs Jahre angestellt werden. Das wäre um zwei Jahre länger als ursprünglich geplant, weil ihr, Gehrer, Experten gesagt hätten, dass vier Jahre für wichtige wissenschaftliche Arbeiten zu kurz sein könnten. Professuren auf Zeit Nach der Assistentenzeit müsse man sich um eine Professur bewerben, seine Qualität nachweisen und sich einer Kommission stellen. "Das halte ich für wichtig und das ist auch überall auf der Welt so", erklärte Gehrer. Dabei gebe es Professuren auf Zeit und Professuren auf Dauer. Denn wenn man die besten Köpfe haben wolle, brauche man auch ein Angebot von unbefristeten Verträgen. Wie die Überleitung zwischen befristeten und unbefristeten Verträgen erfolgen solle und ob in allen Fällen eine Neubewerbung notwendig sei, werde derzeit diskutiert. Gehrer kann sich in speziellen Fällen nach einer Evaluierung eine Überleitung ohne Neubewerbung vorstellen. Die Kritiker, die Gehrer vorwerfen, zu lange zu diskutieren und zu offen zu planen, fragt die Ministerin, ob es ihnen lieber gewesen wäre, "ich hätte etwas fix fertiges hingelegt und gesagt, das ist es". Im Zusammenhang mit den Zweifeln an der Bildungsoffensive der Bundesregierung, zuletzt bei einer Sondersitzung des Nationalrats von den Oppositionsparteien geäußert, betonte Gehrer, dass zwar zur Budgetkonsolidierung Strukturmaßnahmen in allen Bereichen gesetzt worden seien, die "Bildungsoffensive aber in Ansätzen schon verwirklicht ist". Als Beispiel dafür nannte sie die Computer-Milliarde für die Schulen und die Forschungsmilliarden. "Ich glaube, dass wir mit dieser Schwerpunktsetzung in den nächsten Jahren weitermachen müssen", so Gehrer. Rückgang der Studentenzahlen wegen Studiengeld erwartet Die Studiengebühren ab Herbst werden sicher zu einem Rückgang der Studentenzahlen führen, erklärte Elisabeth Gehrer, weil es nach Aussage von Fachleuten Scheininskribenten gebe und weil es Studenten gebe, die keine Prüfungen machen. Diese würden sicher nicht 5.000 Schilling bezahlen. "Aber jeder, der einen Beruf erlernen will, der in der Wissenschaft arbeiten will, wird sicher gerne 833 Schilling im Monat oder 27 Schilling pro Tag für die beste Ausbildung zur Verfügung stellen", so Gehrer. Außerdem gebe es zusätzliche Unterstützungen in Höhe von 450 Mill. S sowie durch die Möglichkeit fast zinsenloser Darlehen der Banken. Zur Kritik an den Durchführungsbestimmungen für die Studiengebühren, etwa dass man auch zahlen müsse, wenn man durch Krankheit ein Semester versäume, meinte Gehrer, dass man auch bei einem Volkshochschulkurs, den man wegen Krankheit versäume, kein Geld zurückbekomme. "In den meisten Ländern der Welt funktioniert es mit den Studienbeiträgen, warum soll es ausgerechnet in Österreich nicht funktionieren", so Gehrer. Bedenken müsse man auch, dass der Steuerzahler im Jahr für jeden Studenten 110.000 Schilling ausgebe, "da ist ein moderater Beitrag von 10.000 Schilling im Jahr eine gewisse Eigenleistung, die man schon verlangen darf". Dienstrechts-Reformen Zu den Dienstrechts-Reformen im Schulbereich betonte Gehrer, dass sie sich gegen eine Erhöhung der Lehrverplichtung gewehrt habe. So habe es auch keine derartige Erhöhung gegeben, nur die Zeit, die der Lehrer in der Klasse stehe, sei um eine Stunde gestiegen. Nach Angaben der Ministerin hat die Dienstrechtsreform "keine Auswirkungen auf die Ressourcen, die wir den Gymnasien und HTLs zur Verfügung stellen". Das heißt, dass alles, was im Lehrplan vorgesehen sei und was darüber hinaus noch notwendig sei, von den Schulen angeboten werden könne. Auch im Pflichtschulbereich sei das Angebot und die Qualität der Schule gesichert, so Gehrer. Im Forschungsbereich kündigte die Ministerin an, dass der Rat für Forschung und Technologieentwicklung nach Ostern seine Schwerpunktsetzung vorstellen werde. Dazu werde es auch einen "Reformdialog" der Bundesregierung geben. Wichtig für sie sei es, "dass wir unsere Stärken stärken und Nischen finden, wo wir uns positionieren können, und auch im Forschungsbereich Weltklasse werden". (APA)