Teheran - In einem weiteren Schlag gegen die Reformkräfte im Iran hat die konservative Justiz am Wochenende eine Oppositionsgruppe und vier Zeitungen verboten. Das Teheraner Revolutionsgericht erklärte alle Aktivitäten der Iranischen Befreiungsbewegung für "illegal", wie der iranische Rundfunk am Sonntag berichtete. Die Aktivitäten dieser Gruppe zielten auf den "Sturz der Regierung" ab, sagte ein Justizvertreter. Außerdem sprach die Justiz vorläufige Verbote für die Tageszeitung "Dorran e Emrus" sowie drei reformorientierte politische Publikationen aus. Innerhalb eines Jahres wurden damit im Iran insgesamt 17 Tageszeitungen und rund 20 weitere Publikationen verboten. Rund 400 liberale iranische Politiker und Wissenschaftler forderten am Sonntag in einem offenen Brief die Freilassung des reformorientierten Geistlichen Hassan-Youssefi Eshkewari. Das Revolutionsgericht kündigte einer im Rundfunk veröffentlichten Erklärung zufolge an, alle Mitglieder der Iranische Befreiungsbewegung sowie der national-religiösen Gruppe Melli-Mashabi der "Komplizenschaft mit konterrevolutionären und terroristischen Gruppen" anzuklagen. Hartes Vorgehen Am Freitag hatte der konservative geistliche Führer des Iran, Ayatollah Ali Khamenei, vor einer Spaltung der iranischen Führung gewarnt. Zugleich hatte er ein hartes Vorgehen gegen die Dissidenten im Lande angekündigt. Die Iranische Befreiungsbewegung wurde in den sechziger Jahren von Mehdi Basargan gegründet, dem ersten Regierungschef nach der islamischen Revolution von 1979. Die dem iranischen Präsidenten Mohammed Khatami nahe stehende islamische Organisation war bereits vor dem Urteil des Revolutionssgerichtes verboten worden, ihre politischen Aktivitäten wie die Aufstellung von Kandidaten bei Wahlen wurden jedoch weiterhin toleriert. In dem AFP vorliegenden Aufruf zur Freilassung Eshkewaris beklagen die Unterzeichner die Haftbedingungen und die Ungewissheit über das Schicksal des Hodjatoleslam, der in seiner Heimat wegen der Teilnahme an der Iran-Konferenz vom April vergangenen Jahres in Berlin verfolgt wird. Dem Brief zufolge wurde Eshkewari unter anderem vorgeworfen, er habe das Tragen des Schleiers für Frauen als "persönliche Frage" bezeichnet. Die Unterzeichner warnen, Eshkewari könnte eine "politische Geisel der Konservativen vor der Präsidentschaftswahl" am 9. Juni werden, um "gegen den demokratischen Prozess vorzugehen". Staatspräsident Khatami, dessen Reformpolitik von der konservativen Justiz durch Verhaftungen und Verurteilungen vor allem von Journalisten torpediert wird, ließ bisher offen, ob er sich bei der Wahl um eine zweite Amtszeit bemühen will. (APA/AFP/Reuters)