Mödling/Schwechat/Korneuburg - Vom physikalischen Standpunkt aus kennt Plakatwerbung nur eine Voraussetzung: die Vertikale, möglichst großflächig und allein auf weiter Flur. Stroh in übereinander geschichteten Ballen, wie der Bauer am Felde es stapelt, eröffnet solche Perspektiven. Weshalb laut Gerlinde Sauerschnig von der Bezirkshauptmannschaft Mödling, "seit 1999 die Werbestrohtristen an der A2 wie Schwammerln aus dem Boden geschossen sind". Eine Entwicklung, die der Naturschutzreferentin missfällt: "Grünland ist bei uns sehr kostbar", meint sie - und bekämpft die ökologisch gestützten bunten Riesenbilder mit den Mitteln des neuen, für Gebiete außerhalb von Orten per se zuständigen Landesnaturschutzgesetzes. "Im Bezirk Mödling wird rechtlich alles versucht, um diese Flächen zu vernichten", beschwert sich denn auch Strohtristen-Werber Thomas Heller. Die "von der Firma Michelfeit stammende Idee" habe er als einer der ersten Agenturinhaber "professionell umzusetzen versucht". Konkret, indem er den Landwirten das Stroh abkaufte und ihnen Pacht zahlte: Für die Bauern in Zeiten der Lebensmittelskandale ein wichtiges Zubrot, glaubt Heller. Übrigens: Werbehungrigen Firmen und Parteien koste ein Strohtristenplakat "57.500 Schilling (4142 ) im Monat: Für das Geld kriegen Sie im dicht plakatierten Ortsgebiet nicht die Aufmerksamkeit". Mödling, Baden, Wiener Neustadt, Korneuburg, Schwechat: In seitlichem Sicherheitsabstand von über 100 Metern taucht Werbung aus Stroh an vielen Straßen auf. Doch dem Schwechater Baupolizisten Ludwig Appinger gehen "die Ideen der Werbeleute doch zu weit"; Zugriffsmöglichkeiten nach der Bauordnung hat er keine: Die losen Gebilde gelten "nicht als Bauwerk". Das sei auch richtig so, meint Korneuburgs Bürgermeister Wolfgang Peterl (SP): "Eine sensible Sache" aber "die Tristen stören nicht wirklich". Vielleicht, weil das Land, auf dem sie stehen in Korneuburg der Gemeinde gehört: "Die Pacht bringt uns 50.000 Schilling im Jahr." (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19. März 2001)