Geinberg - Für den Generaldirektor der Raiffeisen Landesbank Oberösterreich (RLB), Ludwig Scharinger, bedeutet der Verkauf des Chemiefaserkonzerns Lenzing durch die Bank Austria an ein von der britischen Investmentfirma CVC Capital Partners zusammengestelltes Konsortium keinesfalls "das Ende aller Tage", wie er auf STANDARD-Anfrage betonte. Sobald die kartellrechtliche Genehmigung vorliegt und die Vorstellungen der neuen Eigentümer bekannt seien, könnte Scharinger sich vorstellen, jene 18 Prozent an Lenzing zu erwerben, die der neue Eigentümer an österreichische Koinvestoren abgeben will.

Die Beteiligung würde die RLB alleine und ohne den Experten Hannes Androsch in Angriff nehmen. Wie berichtet zogen Scharinger und Androsch im Rennen um Lenzing den Kürzeren. Die Bank Austria verkaufte nach monatelangen Verhandlungen mit beiden Investorengruppen um 3,7 Mrd. S (270 Mio. EURO) an die CVC-Gruppe. Seither will Scharinger das Verhältnis Androsch zu Bank-Austria-Chef Gerhard Randa nicht kommentieren.

Bei einem Journalistenwochenende im oberösterreichischen Geinberg konkretisierte Scharinger auch seine Vorstellungen von einem österreichischen Industriefonds, der neben der bereits bestehenden Mittelstandsfinanzierung und dem in Vorbereitung befindlichen Immobilienfondsgesetz dazu dienen soll "Geld in Österreich zu bündeln, das derzeit in ausländische Fonds fließt".

Scharinger: "Österreich braucht nicht so sehr Fusionen, sondern Kooperationen, damit der Kernaktionär im Inland bleibt und der Firmensitz nicht ins Ausland verlagert wird." Industriefonds sollten den Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften steuerlich gleichgestellt sein; das heißt, die volle Steuerbefreiung während einer fünfjährigen Startphase samt einer anschließenden KöSt-Befreiung für Beteiligungserträge und Veräußerungsgewinne.

Keine Umsatzgrenze

Im Unterschied zu den Mittelstandsfinanzierungsgesellschaften müsste die maximale Umsatzgrenze von drei Milliarden Schilling fallen. Der Industriefonds könnte in ein oder mehrere österreichische Unternehmen investieren. Auch Branchenfonds wären möglich.

Geht es nach Scharinger, der bei den Industriefonds noch auf die Zustimmung des Finanzministers wartet, könnte ein Teil der von Industriefonds gehaltenen Aktien für einen "free flow" an der Börse verwendet werden.

Mitarbeiter, die in das Unternehmen investieren wollen, könnten ihr Investment ebenfalls in einen Industriefonds einbringen. Einfließen sollte auch das Sozialkapital (Urlaubs- und Abfertigungsrückstellungen) eines Unternehmens, das, wie in den USA üblich, "nicht in eine Bilanz gehört", so der RLB-Chef.

Zudem sollten die Anteilscheine an Industriefonds "in den Katalog der prämienbegünstigten Pensionsvorsorgeprodukte aufgenommen werden."

Interesse zeigte Scharinger auch am Kauf der gemeinnützigen Linzer Wohnbaugesellschaft WAG, die dem Bund gehört und 25.000 Wohneinheiten verwaltet. Sollte der Preis stimmen, will der RLB-ÖÖ-Chef die WAG en gros kaufen, eine Filetierung hält er für nicht sinnvoll. Er ist davon überzeugt, dass der Wohnungsmarkt nicht zur Gänze liberalisiert werden kann.(Claudia Ruff, Der Standard, Printausgabe, 19.03.2001)