Geschlechterpolitik
ÖVP bei Kindergeld für "Anrechenverfahren"
6.000 S-Steuerfreibetrag für BesserverdienerInnen
Wien - Die ÖVP will nun auch berufstätige BesserverdienerInnen
beim Kinderbetreuungsgeld ab 1. Jänner 2002 berücksichtigen.
Wirtschaftsminister Martin Bartenstein und ÖVP-Generalsekretärin
Maria-Rauch Kallat traten am Montag für ein "Anrechenverfahren" bei
der Zuverdienstgrenze von 200.000 Schilling und einen
Steuerfreibetrag von monatlich 6.000 S ein. Dieser Punkt sei noch
Gegenstand von Verhandlungen mit der FPÖ, teilten Bartenstein und
Rauch-Kallat in einer von Kinderlachen und -weinen geprägten
Pressekonferenz mit, in der Betroffene das neue Kindergeld lobten.
Das "Anrechenverfahren" könnte laut Bartenstein bedeuten, dass das
Kindergeld zwar bis zu einer Grenze von 272.000 S (200.000 S plus
zwölf Mal 6.000 S Kindergeld) ausbezahlt wird. Sollte sich aber nach
Ablauf des Jahres herausstellen, dass das Einkommen über 200.000 S
liege, müssten die darüber liegenden Teile zurückgezahlt werden.
Für BesserverdienerInnen könne es auch einen Steuerabsetzbetrag,
wahrscheinlich aber eher einen Steuerfreibetrag, von 6.000 S geben.
Nachweisen müsse man dafür aber, dass eine "angemeldete Kraft" zur
Kinderbetreuung beschäftigt werde, meinten die beiden ÖVP-VertreterInnen.
Darüber werde aber mit Sozialminister Herbert Haupt und
Finanzminister Karl-Heinz Grasser (beide F) noch verhandelt.
Ein weiteres Thema der Verhandlungen sei die Einbindung der
Teilkarenz in das Modell. Derzeit seien beim Kinderbetreuungsgeld 24
Monate Kündigungsschutz mit Zuverdienstgrenze geplant, bei denen es
laut Bartenstein auch bleiben solle. Bei der derzeitigen Teilkarenz
gebe es hingegen bis zu 48 Monate keine Zuverdienstgrenze. Beides
müsse noch "zusammengeführt" werden, meinte Bartenstein.
"Härtefälle" sind einkalkuliert
Der Überlegung von Seiten der FPÖ, wonach auch Hausfrauen und
Studentinnen, die vor dem 1. Jänner 2002 ihr Kind zur Welt bringen,
anspruchsberechtigt sein sollten, erteilte der Wirtschaftsminister
eine Absage. Wo immer man einen Stichtag festsetze, komme es zu
Härten. Er könne sich vorstellen, dass man dort helfen könne, wo dies
mit "unangemessenen Härten" verbunden sei. Dabei könne es sich aber
nur um "Einzelfälle" handeln, etwa im Falle von Frühgeburten.
"In den Tagen nach Ostern" soll nach den Worten Bartensteins der
Begutachtungsentwurf für das Kindergeld fertig sein. Bis dahin seien
noch die Details vor allem im arbeitsrechtlichen Bereich zu klären.
Man sei aber "auf guten Weg", sagte der Bartenstein, der schon in
seiner früheren Funktion als Familienminister das "Kindergeld für
alle" propagiert hatte. Der Beschluss im Parlament sei noch vor dem
Sommer geplant.
Erfahrungsberichte
Bei der Pressekonferenz berichteten auch junge Eltern, die mit
ihren kleinen Kindern gekommen waren, von ihren Erfahrungen mit dem
Karenzgeld und den Hoffnungen, die sie in das neue
Kinderbetreuungsgeld setzen. Zwei junge Mütter meinten etwa, dass
ihnen damit die Entscheidung, jetzt noch ein zweites Kind zu
bekommen, leichter fallen werde. Eine andere Mutter meinte, dass
damit Familie und Beruf leichter vereinbar wären. Ein junger Vater
freute sich darüber, dass er nach einem Jahr Karenz seiner Frau das
zweite Jahr beim Kind bleiben werde. Er hofft, einen Teil der Zeit
für seine berufliche Fortbildung verwenden zu können.
(APA)