Darmstadt - Abfallvermeidung ist auch für den Weltraum eine sinnvolle Devise. Doch die Mentalität von Weltraumfahrern scheint sich nicht wesentlich von jener ihrer Mitbürger auf der Erde zu unterscheiden. Auch in den Weiten des Universums wird manches, was nicht mehr gebraucht wird, achtlos weggeworfen. Je mehr Abfall jedoch dort oben herumfliegt, desto gefährlicher wird es für Astronauten und Satelliten. Die Europäische Raumfahrtbehörde (ESA) hat deshalb rund 200 internationale Wissenschafter zur dritten Europäischen Konferenz über Weltraumschrott geladen. Bis Mittwoch wollen sie beim European Space Operations Centre (ESOC) in Darmstadt über Lösungsmöglichkeiten diskutieren. Im All verbleibende Schrottstücke rasen mit bis zu acht Kilometern pro Sekunde um die Erde. "Beim Aufschlag in dieser Geschwindigkeit reagieren die festen Stoffe wie Flüssigkeiten", erklärte Walter Flury, Fachmann für Weltraumschrott bei der ESOC, zum Auftakt der Veranstaltung. Daher bleibt es nicht bei einem kleinen Loch. Das getroffene Teil verformt sich. Die Gefahr, dass etwa das Hubble-Weltraumteleskop während seiner 17 Lebensjahre von einem umherfliegenden Teil getroffen wird, bezifferte Flury mit vier Prozent. Tausende Objekte Rund 26.000 Objekte sind nach Darstellung Flurys seit Beginn der Weltraumfahrt in den Weltraum geschossen worden. Etwa 17.000 sind zwischenzeitlich auf die eine oder andere Weise zurückgekehrt. Von den übrigen 9.000 sind nur etwa 700 einsatzbereite Satelliten, das entspricht sieben Prozent. Der Rest ist gefährlicher Schrott: Etwa die Hälfte stammt von Explosionen, die von Treibstoffresten verursacht wurden. 22 Prozent sind unbrauchbare Satelliten, 17 Prozent abgebrannte Raketenstufen und 13 Prozent Werkzeuge wie Schraubenzieher oder Bolzen, die Astronauten verloren haben. "Wir können den Weltraum nicht sauber machen, wir können nur an alle appellieren, Müll zu vermeiden", sagte Flury. Wer den Weltraum säubern wolle, müsste jedes Stück auf seiner Umlaufbahn einzeln einfangen. "Das ist zwar machbar, aber unbezahlbar." Auch der Plan, die gefährlichen Stücke per Laserstrahl zu vernichten, ist für ihn Zukunftsmusik. Eine Reduzierung der Raketenstarts hält er ebenfalls nicht für durchsetzbar. Trotz der Gefahren will Flury kein "Abfallgesetz" für den Weltraum. Er setzt auf eine Empfehlung der UNO an alle Weltraumbehörden, künftig Müll zu vermeiden. Dazu gehört, dass der Brennstoff aus Raketen vollständig verbraucht wird, um Explosionen zu vermeiden. Werkzeuge, Abdeckplatten oder Bolzen dürfen nicht mehr dem freien Fall überlassen werden. Nicht zuletzt sollten die Satelliten auf dem so genannten Friedhofsorbit in sicherem Abstand zur Erde ihre letzte Ruhe finden. "Bislang nutzt nur ein Drittel der Weltraumagenturen diese Möglichkeit", sagt Flury. "Wenn wir die Raumfahrt nicht weiter gefährden wollen, müssen wir vor allem die häufig benutzten erdnahen Umlaufbahnen in 800 bis 1.500 Kilometer sauber halten." (APA/dpa)