Wien - Von "unrichtigen Schuldzuweisungen" spricht der Wiener SP-Gemeinderat Godwin Schuster im Zusammenhang mit dem heute, Dienstag, von VP-Klubobmann Johannes Prochaska erhobenen Vorwurf, die SPÖ habe Widerstand gegen die Einführung des Briefwahlrechts bei den Wiener Gemeinderatswahlen geleistet. Den Schuldigen für Verzögerungen bei der Wiener Wahlrechtsreform ortet Schuster auf Seiten der ÖVP bzw. der Bundesregierung. Die Wiener VP habe vor längerer Zeit zugesagt, diesbezügliche Gespräche mit ihrer Bundespartei zu führen. Diese hätten "offenbar nicht zum gewünschten Erfolg" geführt, so Schuster in einer Aussendung. Es könne auch sein, dass die schwarz-blaue Bundesregierung nicht bereit sei, das "aufgestaute Demokratiedefizit auf Bundesebene" zielstrebig und korrekt abzubauen. Schuster: "Nicht die Wiener SPÖ hat verhindert, dass es bei der Landtags- und Gemeinderatswahl noch keine Wahlmöglichkeit außerhalb Wiens gibt, sondern wohl die Säumigkeit oder Uneinigkeit innerhalb der Bundesregierung auch in dieser demokratiepolitisch wichtigen Frage." Prochaska konterte in einer Aussendung, dass Schuster offenbar die Meinung seines eigenen Parteivorsitzenden, Bürgermeister Michael Häupl (S), zu diesem Thema nicht kenne. In einer Fragestunde des Wiener Landtages habe Häupl konstatiert, dass er "kein übermäßiges Interesse erkennen kann, dass das Wahlrecht auch außerhalb von Wien ausgeübt werden kann" und er daher keine weiteren Schritte oder Initiativen in diese Richtung gesetzt habe oder setzen werde. Die Landeshauptleute der anderen Bundesländer könnten Schuster "sicherlich" bestätigen, "dass Häupl in keiner der Landeshauptleute-Konferenzen durch besonderes Engagement in diese Richtung aufgefallen ist", so Prochaska. Die Wiener LIF-Chefin Alexandra Bolena fühlt sich durch diesen Schlagabtausch "an den Stil der früheren großen Koalition auf Bundesebene" erinnert: "Keine Reformschritte, aber gegenseitige Schuldzuweisungen." Im Arbeitsübereinkommen der rot-schwarzen Wiener Stadtregierung sei noch die Übereinstimmung der Koalitionspartner hervorgestrichen worden, um die Möglichkeit zur Wahl sowohl in den anderen Bundesländern als auch außerhalb Österreichs zu schaffen. Bisher sei aber "nicht nur nichts dergleichen geschehen, sondern jetzt können sich die Wienern auch noch anhören, wie innerhalb der Rathauskoalition der Schwarze Peter hin- und hergeschoben wird", kritisierte Bolena. (APA)