Washington - Begleitet von zuletzt deutlicher amerikanischer Kritik an der Blockadepolitik gegen die palästinensischen Städte im Westjordanland und im Gazastreifen hat Israels Premier Ariel Sharon am Dienstag US-Präsident George W. Bush in Washington seine Vorstellungen über eine Friedensregelung erläutert: zunächst Herstellung von Ruhe und Sicherheit mit entschiedenen Maßnahmen gegen den Terror palästinensischer Extremisten und gleichzeitig Erleichterungen für die palästinensische Bevölkerung; später - nach dem Ende der Gewalt - Verhandlungen über eine langfristige Übergangsregelung. Die Bush-Regierung hatte in den vergangenen Tagen mehrfach klar gemacht, dass sie eine Lockerung des wirtschaftlichen Drucks auf die Palästinenser begrüßen würde. So soll etwa US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld Sharon gegenüber gemeint haben, Israel sei "ein kleines Land und kann sich nicht erlauben, große Fehler zu machen". Vor seinem Treffen mit Bush hat Israels Premier allerdings erneut schwere Vorwürfe gegen die palästinensische Führung erhoben. Israel ist nach wie vor nicht bereit, die seit Monaten ausstehenden Zahlungen an die Palästinensische Nationalbehörde (PNA) von Präsident Yassir Arafat zu überweisen. Es handelt sich dabei um die den Palästinensern vertraglich zustehenden Einnahmen aus Zöllen. Die Palästinenser würden zum Terror anstiften, sagte Sharon am Montagabend auf einer Konferenz in Washington. Er bekräftigte auch seine Absicht, Friedensverhandlungen mit den Palästinensern erst nach einem Ende der Gewalt wieder aufzunehmen.
Unerwünschte Person
Sharon galt in Washington lange Zeit als unerwünschte Person, nachdem er als Verteidigungsminister während des Libanon-Feldzugs 1982 indirekt für Massaker an palästinensischen Flüchtlingen verantwortlich gemacht wurde. Sein Besuch als Premier wird deshalb als ein diplomatisches Comeback gewertet. Israel ist weiterhin der engste Verbündete der USA in Nahost und erhält jährlich etwa drei Milliarden Dollar (46 Mrd. S, 2,7 Mrd. EURO) an Finanz-und militärischer Hilfe. Die Jerusalemer Stadtverwaltung hat unterdessen den Bau von weiteren 2832 Siedlerwohnungen des "Har Homa"-Projekts auf dem Hügel Jebel Abu Ghnein im besetzten arabischen Ostteil bewilligt. Die Entscheidung muss noch vom Innenministerium genehmigt werden. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21.3.2001, red)