Wiesbaden - Rund 6.000 Gen-Datensätze fließen jeden Monat in einen Rechner beim Bundeskriminalamt (BKA) in Wiesbaden, wo seit knapp drei Jahren die zentrale Gen-Datei der deutschen Polizei aufgebaut wird. Sobald ein neuer "genetischer Fingerabdruck" hereinkommt, wird er mit den schon vorhandenen, derzeit rund 95.000 Daten abgeglichen: Bis Ende Februar konnten so schon 990 Spuren ihren sicheren Verursachern zugeordnet werden, 663 Mal klappte immerhin eine Verbindung von Spur zu Spur. 40 Tötungsdelikte, 100 Sexualstraftaten und 160 Fälle von Raub konnten lauf BKA damit bisher aufgeklärt werden. Der Gewerkschaft der Polizei (GdP) und dem Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) geht das alles aber viel zu langsam, sie fordern einen wesentlich schnelleren Aufbau der Zentraldatei. Einbruchdiebstahl bringt hohe Trefferquote Der massenhafte DNS-Test, befindet das Nachrichten-Magazin "Der Spiegel", ist in Deutschland längst zum Polizeialltag geworden, wenn es um Mord und Totschlag geht. Die allermeisten Treffer - gut 87 Prozent - erzielt der BKA-Computer wie seine britischen Vorbilder allerdings bei einem Delikt, bei dem die Polizei sonst regelmäßig im Dunklen tappt: dem Einbruchdiebstahl. Einen technologischen Quantensprung für die Kriminalistik haben die BKA-Wissenschafter im vergangenen Jahr mit einem Verfahren geschafft, das aus einem ausgefallenen Haar bis zu sieben für den Täter absolut charakteristische Abschnitte isolieren kann. Bis dahin konnten Haare für Gentests nur dann herangezogen werden, wenn an ihrer Wurzel noch Gewebestücke klebten. Da der Mensch statistisch alle 15 Minuten ein Haar verliert, finden sich an den meisten Tatorten aussagekräftige Spuren der Täter. Regionale Unterschiede Von der populistischen Forderung, zum Schutz von Kindern die Gen-Daten sämtlicher Männer in Deutschland zu erheben, halten beide Gewerkschaften aus praktischen und verfassungsrechtlichen Gründen nichts. Doch die üblichen Verdächtigen dürften es nach dem Geschmack der Polizisten schon gern sein: Die Überprüfung von rund 900.000 verurteilten Straftätern aus dem Bundeszentralregister läuft allerdings nur schleppend. Während die Bayern besonders fleißig unter ihren Gefängnisbelegschaften sammeln, ist in Hamburg bisher äußerst wenig passiert, berichtet der BDK-Vize Holger Bernsee. Die Innenverwaltung wollte wegen Personalmangels pensionierte Kriminalbeamte zur Altfallbearbeitung anheuern, was diese dankend abgelehnt hätten. In Bayern wurden hingegen Zweifel laut, dass es mit der im Freistaat bevorzugten "Freiwilligkeit" bei inhaftierten Straftätern besonders weit her ist. Denn eigentlich darf nur ein Richter einen Gen-Test anordnen. Bernsee will die feinen juristischen Unterschiede zwischen dem echten und dem genetischen Fingerabdruck nicht mehr akzeptieren. Beide dienten den Kriminalisten schließlich nur dazu, die Identität von Spuren abzugleichen. Der BDK will künftig schon jeden einer Straftat Verdächtigen in die Gen-Datei aufnehmen. Wie schon der Fingerabdruck müsste dann bei der so genannten erkennungsdienstlichen Behandlung eine Speichelprobe abgegeben werden - ohne bürokratischen Aufwand und ohne richterliche Entscheidung. Über die Jahre hinweg würde so eine Datei entstehen vom Umfang der BKA-Fingerabdruck-Sammlung AFIS - und die hat aktuell rund 2,9 Millionen Eintragungen. (APA/dpa)