Geschlechterpolitik
Steirer beschließen Gleichstellung von Homosexuellen
Opposition jubelt - für ÖVP "eine rein steirische Sache"
Graz/Wien - Mit einiger Überraschung wurde ein am Dienstagabend im
Steiermärkischen Landtag gefasster Beschluss registriert, der sich für
die rechtliche Gleichstellung von verschiedengeschlechtlichen und
gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften, insbesondere im Miet- und
Arbeitsrecht, einsetzt. Denn auch die steirische ÖVP, die noch kurz
zuvor einen Initiativantrag zur "eingetragenen Partnerschaft" (wie sie
es in einigen EU-Ländern gibt) mit dem Argument "zu eheähnlich"
ablehnte, stimmte wie die SPÖ und die Grünen dafür. Nur die FPÖ scherte
aus.
Die Opposition verspürt nun zum Teil "Rückenwind": "Das ist ja
unglaublich. Jahrelang sind wir in der Gleichbehandlungsfrage an der
ÖVP- Front gescheitert", heißt es aus dem SPÖ-Parlamentsklub. Nun wolle
man neuerlich Gleichstellungsanträge einbringen und hoffe auf steirische
VP-Abgeordneten-Stimmen.
Ebenso die Grünen: "Vielleicht kann ja die steirische ÖVP auf ihre müde
Bundesfraktion einwirken", meint Grünen-Abgeordnete Ulrike Lunacek. Denn
vor allem VP- Justizsprecherin Maria Fekter hätte Gleichstellungsfragen
ständig verzögert. Etwa indem sie als Vorsitzende des
Gleichstellungs-Unterausschusses bislang keine Sitzung einberufen hätte.
Dort sollte der Paragraph 209 StGB (EU-widriges Schwulen-Schutzalter von
18 Jahren) diskutiert werden. Die freiheitliche Reaktion: "Diese
Entwicklung der ÖVP verwundert mich", so FP-Justizsprecher Harald
Ortner. In Miet- oder Arbeitsrechtsfragen werde die FPÖ jedoch sicher
noch "länger" strikt bleiben.
In der Bundes-ÖVP zeigt man sich vom Vorstoß der ParteikollegInnen wenig
beeindruckt: "Das Ganze ist eine rein steirische Angelegenheit", sagt
VP-Generalsekretärin Maria Rauch-Kallat im Standard-Gespräch. Der
inhaltliche Schwenk der Steirer VP sei jedenfalls nicht mit der
Bundespartei akkordiert gewesen. Man werde erst darüber diskutieren,
wenn konkrete Forderungen der Landesregierung am Tisch liegen. "In
Fragen des Mietrechts wird es sicher keine Erweiterung der
Eintrittsrechte geben", kündigt jedoch Justizsprecherin Maria Fekter an.
Andrea König - DERSTANDARD, Print-Ausgabe vom 22.3.2001