Wien - Eine Kindergartenoffensive forderte am Donnerstag die SPÖ. Laut Statistik Austria gebe es in Österreich einen Bedarf an 100.000 Betreuungsplätzen, führten SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Andrea Kuntzl und die Wiener SPÖ-Frauenvorsitzende Renate Brauner aus. Mit einem Betrag von 1,2 Milliarden Schilling pro Jahr könnten - nach bisherigen Erfahrungswerten - 20.000 neue Plätze geschaffen werden. In fünf Jahren könnte so der Bedarf gedeckt werden. Außerdem würden damit an die 70.000 neue Arbeitsplätze geschaffen, für Kinderbetreuerinnen einerseits, anderseits in der Bauwirtschaft und für jene Frauen, die ihre Kinder dann versorgt wüssten. Eine Absage erteilten die beiden SPÖ-Politikerinnen dem zuvor von der FPÖ-Spitzenkandidatin für die Gemeinderatswahl am Sonntag, Helene Partik-Pable, für Wien geforderten "Kärntner Kindergeldmodell". Denn die Statistik würde zeigen, dass der bisher in Wien eingeschlagene Weg richtig sei. Während in Wien 40 Betreuungsplätze auf 1.000 Einwohner kämen, seien es in Kärnten lediglich 25. Damit bilde das südliche Bundesland auch das Schlusslicht in dieser Reihung. Gleichzeitig sei die Frauenerwerbsquote in Wien mit 63,1 Prozent im Österreich-Vergleich am höchsten (Bundesschnitt: 60,2 Prozent). Und: Wien habe auch die niedrigste Frauenarbeitslosigkeitsrate. Im Vergleich zu 1999 sei in Wien 2000 die Frauenarbeitslosigkeit um 15,2 Prozent gesunken, sagte Brauner. Zudem sei "halbe-halbe" am Wiener Arbeitsmarkt nahezu verwirklicht. In der Bundeshauptstadt seien 363.038 Frauen und 407.622 Männer beschäftigt. Vorbild Schweden Kuntzl präsentierte zudem eine neue Studie, erstellt von Monika Thenner und Stefan Ohnmacht vom Europäischen Zentrum für Wohlfahrtspolitik und Sozialforschung. Die Autoren haben dabei einen Vergleich zwischen der Situation in Deutschland, Frankreich, Schweden und Österreich erstellt. Fazit: am rosigsten sieht die Situation für junge Familien in Schweden aus. In dem nordischen Staat sind 75 Prozent aller Mütter mit Kindern unter zwei Jahren in den Beruf zurückgekehrt. In Österreich seien es lediglich neun Prozent. Schweden biete aber auch bessere Vereinbarungsmöglichkeiten von Beruf und Familie, durch Elternurlaubsregelungen und Kinderbetreuungsangebote. Als entscheidenden Faktor wertet Kuntzl allerdings, dass in Schweden ein einkommensabhängiges Karenzgeld verwirklicht sei. Für die ersten 360 Tage gibt es für den Karenzgeld-beziehenden Elternteil 80 Prozent des bisherigen Einkommens. Nebeneffekt: das bewege auch vermehrt Väter in Karenz zu gehen. Zudem gebe es in Schweden, wie auch in Deutschland einen Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit. Die französische Situation "besticht" durch ein flexibles und flächendeckendes, sowie größtenteils kostenloses Angebot an Kinderbetreuungseinrichtungen. In Österreich werde vor allem die schlechte Versorgung für Unter-Drei-Jährige kritisiert. Nur 6,8 Prozent der Null- bis Drei-Jährigen hätten einen Kinderbetreuungsplatz. Kritik von ÖVP und FPÖ

Kritik an den SPÖ-Ausführungen zum Thema Kinderbetreuung kam am Donnerstag von ÖVP und FPÖ. "Reine Augenauswischerei" ist etwa für FPÖ-Generalsekretärin Theresia Zierler die Forderung nach mehr Kindergärten. Das sei kein Allheilmittel für die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Wie Studien belegen würden, müssten vor allem die Öffnungszeiten verbessert werden. ÖVP-Generalsekretätin Maria Rauch-Kallat bezeichnete es als "durchsichtig, wenn sich eine Oppositionspartei 1,2 Mrd. S Bundesförderung als Wahlzuckerl wünscht - aber dort, wo sie selbst verantwortlich ist, nichts tut".

Zierler bezeichnete es zudem als "ideologisch motiviert", dass behauptet werde, durch das Kinderbetreuungsgeld würden Frauen aus dem Arbeitsmarkt gedrängt. "Tatsächlich hat die SPÖ mit ihrem Quasi-Berufsverbot für Frauen während der Karenzzeit und der damit verbundenen Absenz vom Arbeitsmarkt den Grundstein dafür gelegt, dass Frauen bei ihrem Wiedereinstieg in die Berufswelt kaum Chancen hatten", so die FPÖ-Politikerin. Zurück wies Zierler zudem den Vorwurf der SPÖ, die Abschaffung der beitragsfreien Mitversicherung für kinderlose Ehepartner sei rein ideologisch motiviert. Im Übrigen habe die SPÖ bereits vor Jahren die beitragsfreie Mitversicherung abschaffen wollen. (APA/red)