Wien - Mit dem neuen Christian-Doppler-Labor für Verfahrenstechnik bei hohen Temperaturen soll der Weg vom Labor zur Großanlage möglichst schnell, günstig und sicher werden. Innovationen bei chemischen Verfahren sollen damit schneller als bisher in der Praxis umgesetzt werden können. Das neue Labor, das am Donnerstag von der Christian-Doppler-Gesellschaft (CDG) in Wien präsentiert wurde, ist an der Technischen Universität Wien angesiedelt, industrielle Kooperationspartner sind Voest-Alpine Industrieanlagenbau (VAI) und Voest-Alpine Stahl AG (VA Stahl). Der traditionelle Ansatz der Verfahrenstechnik ist die schrittweise Vergrößerung einer Anlage für chemische Prozesse, etwa eines Hochofens, vom Labormaßstab über eine Pilotanlage bis zur Industrieanlage. "Das verursacht hohe Kosten und dauert lange", fasst der Leiter des neuen CD-Labors, Franz Winter vom TU-Institut für Verfahrenstechnik, die Nachteile der klassischen Methode des "Scale-Up der Chemie" zusammen. Die Wissenschafter verfolgen nun aber einen anderen Weg: das "Konzept der chemischen Ähnlichkeit". Dabei werden nur bestimmte, eng begrenzte Bereiche aus einem Verfahren herausgenommen und im Labor untersucht bzw. adaptiert. Dann wird dieser Bereich wieder in die Großanlage zurückgeführt. Wichtig dabei ist, dass alle Parameter, also etwa Temperatur, Druck, Konzentration der verschiedenen Zutaten, zwischen Praxis und Labor exakt übereinstimmen. Schnelle Umsetzung Dieses Konzept bietet die Möglichkeit, neue chemische Reaktoren zu konzipieren, bestehende Verfahren zu optimieren sowie limitierende Bereiche aufzufinden und zu verbessern. "Vorteil ist die schnelle Umsetzung in die Großanlage, die Minimierung der Kosten sowie hohe Sicherheit", so Winter. Konkret widmet sich das CD-Labor in zwei Modulen bestimmten Problemen bei der Eisenproduktion. Einerseits wird gemeinsam mit der VA Stahl die Bedeutung kurzlebiger und sehr reaktionsfreudiger Zwischenprodukte, den sogenannten "freien Radikalen", bei der Eindüsung von Gasen in den Hochofen untersucht. Andererseits werden mit der VAI sogenannte "Memory Effekte" untersucht, die bei Hochtemperaturverfahren wie der Herstellung von Eisen eine wichtige Rolle spielen. Wenn ein Stoff, etwa Eisenerz, verschiedene chemische Reaktoren mit unterschiedlichen Bedingungen durchwandert, scheint er sich bestimmte Schritte zu "merken", was sich auf seine Reaktionsfreudigkeit auswirkt. Die Forscher im CD-Labor wollen aber nicht nur an den konkrete Problemlösungen arbeiten, sondern das Konzept der chemischen Ähnlichkeit auch generalisieren. Damit sollen auch andere Verfahren und chemische Prozesse von den Erkenntnissen profitieren. Das neue CD-Labor mit fünf Mitarbeitern hat ein Jahresbudget in Höhe von fünf Mill. S (363.364 Euro). Es ist das 19. Christian-Doppler-Labor, die sich alle je zur Hälfte aus Mitteln der Industrie und der öffentlichen Hand finanzieren und für maximal sieben Jahre an einer Universität eingerichtet werden. Die Christian-Doppler-Gesellschaft versteht sich als "Brücke zwischen Grundlagenforschung und Produktentwicklung, zwischen Universitäten und Forschung und Entwicklung der Industrie, wie der Vorsitzende des CDG-Senats Helmut Heinrich betonte. (APA)