Inland
Böhmdorfer weist Richter-Kritik zurück
"Von Behinderung bei der Aufklärungsarbeit kann keine Rede sein""
Wien - Justizminister Dieter Böhmdorfer hat am
Donnerstag im Budgetausschuss des Nationalrats die Vorwürfe rund um
eine angebliche Behinderung von U-Richter Stefan Erdei in der
Spitzelaffäre zurückgewiesen. Wie er betonte, sei es ein normaler
Vorgang, die Akte zu trennen - nämlich in einstellungsreife und jene,
wo der U-Richter weiter ermitteln solle. Von einer Behinderung könne
daher keine Rede sein. "News" hatte aus einem Aktenvermerk Erdeis
zitiert, wonach er bei seiner Aufklärungsarbeit massiv behindert
worden sei, weil ihm Akten und Ermittlungsergebnisse vorenthalten
worden seien.
Böhmdorfer sprach nun laut Parlamentskorrespondenz von einem
"hochgespielten Zwischenschritt im Verfahren", um ein "hochgespieltes
Pseudo-Missverständnis". Der Richter könne selbstverständlich seinen
Aufgaben nachkommen, die Verteidigungsrechte würden nicht
eingeschränkt. Er habe jedenfalls im Verfahren keine Weisungen
erteilt.
"Versetzung normal"
Auf eine Frage des SP-Justizsprechers Hannes Jarolim nach einer
möglichen Versetzung Erdeis meinte Böhmdorfer, dass dies
grundsätzlich ein normales Schicksal sei. Personal müsse dort
eingesetzt werden, wo Lücken entstehen. Die Entscheidung werde jedoch
vom Personalsenat getroffen, auf den niemand in der Justizverwaltung
Einfluss habe.
Die Opposition schloss sich den Äußerungen des Justizministers
nicht an. Jarolim sprach von einem "Befreiungsschlag des
Untersuchungsrichters". Der Justizsprecher beklagte, dass Erdei
offensichtlich relativ unverhohlen zentrale Unterlagen vorenthalten
worden seien. Diese Vorgangsweise sei "atemberaubend". Die Grüne
Justizsprecherin Terezija Stoisits meinte, als Bürgerin könne sie nur
sagen, "Gott sei Dank, kommt so etwas an die Öffentlichkeit, Gott sei
Dank haben wir so engagierte RichterInnen und StaatsanwältInnen".
Für die ÖVP meinte dagegen Justizsprecherin Maria Fekter, sie
werte es als bedenklich, dass sich ein U-Richter für
Wahlkampfschlagzeilen missbrauchen lassen. Sie hoffe nur, dass der
Akt vom Untersuchungsrichter nicht selbst an "News" weitergeleitet
worden sei. FP-Mandatar Michael Krüger äußerte den Verdacht des
Bruchs bzw. des Beitrags zum Bruch der Amtsverschwiegenheit.
Derartige Aktenvermerke seien grundsätzlich von der Akteneinsicht
ausgenommen und hätten daher auch nicht zur Kenntnis des ORF gelangen
dürfen. (APA)