Jerusalem/Gaza/Genf - Die israelische Siedlungspolitik in den besetzten Gebieten hat die Spannungen im Nahen Osten weiter verschärft. Das israelische Wohnungsbauministerium hat am Freitag die Errichtung einer neuen jüdischen Siedlung im Westjordanland angekündigt. Die Siedlung "Givaot" südlich von Jerusalem soll 6000 Wohneinheiten umfassen. Wie der Armeesender berichtete, soll dort Wohnraum für mehrere zehntausend Siedler entstehen. Im Gaza-Streifen erschossen israelische Soldaten einen palästinensischen Sicherheitsoffiziert. Die Ankündigung des von Nathan Sharansky geleiteten Wohnungsbauministerium steht im Widerspruch zu den Erklärungen von Ministerpräsident Ariel Sharon. Dieser hatte unmittelbar nach seinem Amtsantritt betont, seine Regierung werde keine neuen Siedlungen in den besetzten Gebieten bauen, sondern nur noch bestehende "durch natürliches Wachstum" erweitern. Die Stadtverwaltung von Jerusalem hat vor wenigen Tagen den Ausbau der umstrittenen Siedlung "Har Homa" im Ostteil der Stadt genehmigt. Nach diesem Beschluss könnten nach offiziellen Angaben weitere 2832 Wohnungen errichtet werden. Der Botschafter der USA in Israel, Martin Indyk, sieht im Festhalten an der Siedlungspolitik in besetzten Gebieten den Hauptgrund für das Scheitern des Friedensprozesses im Nahen Osten. Nach internationalem Recht sind die Siedlungen im Westjordanland und im Gaza-Streifen illegal. Die Vierte Genfer Konvention, die Israel unterzeichnet hat, verbietet die Ansiedlung der Zivilbevölkerung der Besatzungsmacht in besetztem Gebiet. Das Projekt "Har Homa" auf dem Hügel Jebel Abu Ghneim hatte 1997 schwere Unruhen ausgelöst. Auch Krankenwagen nicht sicher Die Zunahme der Gewalt hat bei den Beratungen der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen in Genf zunehmende Besorgnis ausgelöst. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) beklagte am Freitag in Genf, dass als Folge der israelischen Abriegelungspolitik die Verarmung großer Teile der palästinensischen Bevölkerung zunehme. Immer häufiger würden auch Krankenwagen von beiden Konfliktparteien angegriffen. Vor der UNO-Menschenrechtskommission sprach der palästinensische Vertreter Nabil Ramlawi von einem "rassistischen Regime, das eine neue Apartheid" errichtet habe. Dagegen erklärte der israelische Vize-Außenminister Michael Melchior, sein Land sei gezwungen worden, sein Volk mit militärischen Mitteln zu verteidigen. 1,4 Millionen Flüchtlinge In ihrem Bericht über Menschenrechtsverletzungen in den besetzten Gebieten kommt die Kommission zu dem Schluss, dass derzeit über 1,4 Millionen Menschen als palästinensische Flüchtlinge im Westjordanland und Gaza-Streifen registriert sind, was die Hälfte der Bevölkerung in diesen Gebieten ausmache. Der Schweizer Außenminister Joseph Deiss ist am Freitag zu einem fünftägigen Besuch nach Israel und Palästina abgeflogen. Nach Angaben des Außenministeriums in Bern will Deiss die Einhaltung des humanitären Völkerrechts sowie die Förderung der Menschenrechte ansprechen. Die Schweizer Regierung hat wiederholt ihren Standpunkt deutlich gemacht, dass die jüdischen Siedlungen in besetzten Gebieten gegen die Vierte Genfer Konvention über den Schutz der Zivilbevölkerung verstoßen. (APA/dpa/Reuters/AP)