Hamburg - Jeanine hat beschlossen, in Zukunft diplomatischer zu sein und mindestens ein Mal in der Woche mit ihrem Mann zu schlafen, ob sie nun Lust hatte oder nicht. Sie vergleicht Sex mit Wäsche waschen oder Großputz. "Ich habe auch nicht jedes Mal Lust dazu, aber hinterher ist die Wohnung sauber", sagt sie. Zitiert wird Jeanine von Laura Doyle. Die Seminartrainerin und Buchautorin will Frauen verlorenes Eheglück zurückbringen, indem sie alte weibliche Waffen wetzt. Erstaunlicherweise hat sie in Amerika Erfolg. In Deutschland sorgt ihr Buch bereits vor seinem Erscheinen im Mai für Debatten über ein "neues Verständnis" im Verhältnis der Geschlechter. Sogenannte "weibliche Raffinesse" Eine diplomatische Frau überlässt dem Mann die Verantwortung für die gemeinsamen Finanzen, nimmt Geschenke dankbar an, äußert klar ihre Wünsche und überlässt ihm die Wahl der Mittel, sie zu verwirklichen. Das zumindest rät die 33jährige. Solche Tipps sorgen im postfeministischen Zeitalter für Unmut. "Alle Maßnahmen zur Gleichstellung von Männern und Frauen werden dadurch konterkariert", schimpft Professorin Ingelore Welpe vom Kieler Institut für Frauenforschung. "Ihre Botschaft ist von biblischer Klarheit, lässt sie sich doch auf den Rat reduzieren: Unterwerft euch euren Ehemännern - dann wird alles gut!" höhnte die "Süddeutsche Zeitung". "Zweifellos liegt Mrs. Doyle mit ihren Ratschlägen voll im Trend", schreibt Elke Hartmann im "Focus". "Töchter von Müttern, die einst gegen sexuelle Unterdrückung demonstrierten und ihre BH's verbrannten, tragen heute Wonderbras; nicht nur Serienheldin Ally McBeal würde ihre Karriere liebend gern für Ehemann und Kinderschar hergeben." "Neues" Emanzipationsverständnis Zukunftsforscher Matthias Horx hat eine andere Theorie für die postfeministische Ära: Er sagt einen "New Deal" zwischen Männern und Frauen voraus. So könnte nach dem gewaltigen Boom der Erwerbsarbeit der Haushalt einer der begehrtesten Orte der Selbstverwirklichung werden, schreibt Horx in seinem Buch "Die acht Sphären der Zukunft". "Frauen ziehen sich - als Emanzipierte - aus der Tretmühle der Karriere zurück und überlassen den Stress im Job freiwillig den stresssüchtigen Männern." Frauen wollen berufstätig sein, heißt es weiter, aber sie wollen es im Sinne von selbstbestimmter Zeit. Als "Haushalts-ManagerInnen" steuern sie eine Zeit lang die komplexen Abläufe einer modernen Familie - vom Innen-Design über die Kindererziehung bis zum Urlaub. Einige Haushaltstätigkeiten werden delegiert oder dazugekauft. Da bleibe Zeit für "interessante Nebenjobs", Weiterbildung oder Hobbys. Das so genannte "Opting-Out", der Ausstieg beruflich erfolgreicher Powerfrauen, sei in den USA bereits ein Trend. "... einfach Frau sein" Auch vielen Männern scheint der geordnete Rückzug ins Private verlockend - "aber nur für eine gewisse Zeit, dann haben sie meist genug davon", hat Forscherin Welpe beobachtet. Außerdem dürfe man nicht vergessen, dass sich überhaupt nur finanziell privilegierten Paaren diese Frage überhaupt stellt. Der Goldmann-Verlag hat sich seine Entscheidung, Laura Doyles "The Surrendered Wife" (deutscher Titel: "Einfach schlau sein, einfach Frau sein") zu verlegen, nicht leicht gemacht: "Natürlich haben Thesen, Frauen könnten durchaus auf ihr eigenes Einkommen verzichten, auch bei uns eine Kontroverse ausgelöst", sagt Verlagssprecherin Elke Kreil. In der Gesellschaft bestehe aber Diskussionsbedarf. Biedermeier - neu Mehr als 50 Prozent der jungen gebildeten Frauen zieht es zurück in heimische Gefilde im Sinne einer "modernen Hausfrau", stellt Horx fest: Emanzipierte Frauen hätten schon immer einkommensstarke Männer gesucht, die ihnen Selbstverwirklichungsökonomien jenseits der Erwerbsarbeit ermöglichten. Laura Doyle scheint es da weniger um weibliche Freiheit, sondern lediglich um eheliche Behaglichkeit zu gehen. "Üben Sie", so ihr Rat, "drei Zauberworte zu sprechen: 'Ich - kann - nicht'. Geben Sie ihrem Partner die Möglichkeit, sie auf Händen zu tragen." Allerdings droht den diplomatischen Doris Days laut Doyle ein furchtbarer Fluch: Die Dramen und Kämpfe sind vorüber. Das Leben könnte öde werden. (Karolin Köcher/dpa/red)