"Ich wurde schon politisiert geboren", sagt Fo. "Ich lebte Seite an Seite mit den Kindern von Glasbläsern, Fischern und Schmugglern." Der Sohn eines Eisenbahners und einer Bäuerin erblickte am 24. März 1926 in San Giano in der Nähe des Lago Maggiore das Licht der Welt. Der Sprachwitz lag in der Familie: Schon der Großvater soll ein grandioser Geschichtenerzähler gewesen sein. Dario Fo, der Bürgermeister? Niemand weiß, ob es ein Scherz war: "Dario Fo will Bürgermeister von Mailand werden", rauschte es kürzlich durch den Blätterwald. Drei Wochen später zog der italienische Theatermacher seine Kandidatur wieder zurück. "Die Linksdemokraten wollten mich als fünftes Rad am Wagen; ehrlich gesagt kann ich mir bessere Aufgaben vorstellen." Ein Gaukler und Possenreißer in Amt und Würden? Manchem kam es wie sein neuester Coup vor. Dario Fo, das Phänomen Kein anderer brachte das Kunststück fertig, gleichzeitig den Papst und die Kommunisten gegen sich aufzubringen. Mehr als 40 Gerichtsverfahren, zumeist wegen Beleidigung, hat er überstanden, und wurde wiederholt von der Bühne weg verhaftet. In halb Europa machte der Linke Fo in der Zeit der Studentenrevolten Furore. Im mehrfach umgeschriebenen "Mistero buffo" spielte Fo selbst einen Engel und einen Betrunkenen im Doppelpart: "Drei Stunden großes Theater, ausgeführt von einem Mann, der in Hosen und Rollkragenpullover allein, ohne Requisiten oder Statisten, auf einer leeren Bühne agierte", schreibt eine Kritikerin. Papst Paul VI. warf Fo nach einer Ausstrahlung des Werks 1977 im italienischen Fernsehen freilich Gotteslästerung vor. Dario Fo, der Schriftsteller und Schauspieler Bei der Nobelpreisverleihung bezeichnete die Königlich-Schwedische Akademie Dario Fo als Schriftsteller, "der in Nachfolge der mittelalterlichen Gaukler die Macht geißelt und die Würde der Schwachen und Gedemütigten wieder aufrichtet". Mit Werken wie "Mistero buffo" oder "Offene Zweierbeziehung" gehört der Dramatiker zu den international erfolgreichsten Autoren. Rund 70 Stücke hat er zusammen mit seiner Frau und Bühnenpartnerin Franca Rame geschrieben. In mehr als 30 Sprachen wurden seine Werke, darunter "Bezahlt wird nicht" und "Hilfe, das Volk kommt!", übertragen. Oft agiert er selbst auf der Bühne. Nicht ohne Neid bezeichnete Pier Paolo Pasolini (1922-1975) ihn einmal als "eine Art Pest, die das italienische Theater befallen hat". Der Schauspieler Fo beherrscht die Kunst, blitzschnell Position, Gestik, Sprechweise zu ändern, und mehrere Rollen zur gleichen Zeit zu interpretieren. Seine respektlosen Farcen sind in einer derben, witzigen Sprache gehalten und tief in der Tradition des italienischen Volkstheaters Commedia dell'Arte verwurzelt. Oft verbindet er Satire und Sozialkritik mit Improvisation und Klamauk. Dario Fo macht Theater für das Volk - und schafft es damit, die Menschen nach wie vor ins Theater zu locken. (apa/red)