Literatur
"Wer schlägt schon eine Einladung nach Wien aus?"
Starautorin Ruth Rendell liest beim Festival "Literatur im März"
London/Wien - Geld. So lautet das Motto des diesjährigen Festivals "Literatur im März". Einer der Stargäste der heuer hochkarätig
besetzten Veranstaltungsreihe ist die Baroness of Babergh. Alias Barbara Vine. Alias Ruth Rendell. Und diese weiß nicht wirklich, wieso
ausgerechnet sie zu Einladungsehren kommt. "Natürlich, wer schlägt schon eine Einladung nach Wien aus, speziell im Frühling", meint die
vielleicht berühmteste Krimiautorin der Gegenwart. "Aber um ehrlich zu sein, glaube ich nicht, dass in meinen
Romanen Geld eine besondere Rolle spielt." Schließlich gäbe es jede Menge gewichtigere Motive für Straftaten - Liebe, Neid oder Hass etwa. "Ein kanadischer Produzent macht aus meiner Buchvorlage, den schlechtesten Film, den ich je gesehen habe"
Geldsorgen kennt Lady Rendell schon geraume Zeit nicht
mehr. "Ich habe nie Bücher dafür geschrieben, dass sie Geld einbringen" meint die vielfach ausgezeichnete Autorin, die mittlerweile gut 50
Romane mit einer geschätzten weltweiten Auflage von rund 15 Millionen veröffentlicht hat, "aber natürlich hatte auch ich anfangs zu kämpfen."
Ihr erstes Buch brachte die damalige Journalistin 1964 bei einem Verlag unter - für 75 Pfund. "In den Siebziger Jahren habe ich die
Verfilmungsrechte an meinen Roman 'Urteil in Stein' für 10.000 Pfund an einen kanadischen Produzenten verkauft", schildert die 71-Jährige ein
traumatisches Erlebnis, "Er machte aus dem Buch den schlechtesten Film, den ich je gesehen habe. Später hat dann Claude Chabrol von ihm die
Rechte erworben - für eine ungeheuer große Summe. Obwohl ich keinerlei Anspruch mehr hatte, hat er auch mir Geld zukommen lassen - eine
ausgesprochen noble Geste. Aber das Schönste war, dass er einen wunderbaren Film daraus gemacht hat."
Politik: "Keiner würde das nur wegen des Geldes wegen tun"
Heute führt die Vielarbeiterin als Teilzeit-Politikerin und Teilzeit-Autorin ein straff
organisiertes Leben: Als Mitglied des House of Lords nimmt sie viermal in der Woche an Sitzungen teil und leistet Parlamentsarbeit - gegen
Auslagenersatz. "Es ist eine sehr interessante Erfahrung und eine echte Herausforderung. Ich glaube, keiner würde das nur des Geldes wegen
tun. Außerdem könnte wohl niemand, außer ein paar Lords, die eine üppige Pension beziehen, davon leben." Ruth Rendell spricht zu jedem
Thema, bei dem sie sich kompetent fühlt, engagiert sich etwa für Frauenfragen oder gegen jede Art der Diskriminierung, hat aber auch sonst
dezidierte Meinungen. Apropos "Geld" - was denkt sie über die kommende europäische Währung, den Euro? "Natürlich bin ich keine Expertin,
doch ich bin absolut für den Euro. Ich begrüße die Haltung unserer Regierung, sich dem vorsichtig anzunähern. Ich bin von der Regierung
nominiert, also unterstütze ich sie nach Kräften." (APA)